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DE: http://www.spektrum.de/magazin/wie-affen-sich-verstehen/820647

EN: http://www.biomedcentral.com/1471-2148/15/56

Der kurze Weg von der Idee zur regelbasierten Unordnung namens Dogma

Venja: „Wilkommen Athugandi, du hast Neues auf deinen Reisen dir erfahren und weißt Neues zu berichten?“

Athugandi (Beobachter): „Nur das Übliche, die Evolution von trial-and-error ist weiter fortgeschritten.“

Venja: „Versuch und Irrtum? Wie kommt’s? Hat die wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft keine Wende herbeigeführt?“

Athugandi: „Das Gegenteil ist zu berichten. Du kennst ja den Grundsatz ‚Garbage in, garbage out‘. Offensichtlich gehört dieser Grundsatz zu den anthropologischen Konstanten.“

Venja: „Es gibt Ausnahmen. Ich finde hier Müll unter zahllosen Steinen. Offensichtlich ist den Touristen es zwar nicht zu beschwerlich, schwere Rucksäcke zu tragen, hingegen zu beschwerlich, leichte Rucksäcke zu tragen, welche nur noch leere Verpackungen enthalten. Sinnlos, die Gründe hierfür verstehen zu lernen.“

Athugandi: „ „Möglicherweise sind diese dazu unfähig, jene Begriffe zu verstehen, zu denen ein Gegensatz gebildet wurde.“

Venja: „Womit sich die Frage stelle, ob es sein kann, dass diese Gattung nicht hat, was ihrer Natur nach gehabt werden könne, also auch dann, wenn es für diese Gattung prinzipiell ausgeschlossen sei, das Fehlende zu haben …“

Athugandi: „… oder etwas zwar theoretisch haben könnte, es jedoch artbedingt oder individuell nicht hat.“

Venja: „Möglich wäre auch, dass sie dies etwa aus irgendeinem Grund nicht hat,  obwohl sie von Natur aus dazu geeignet wäre, das Fehlende in dieser Hinsicht zu haben.“

Athugandi: „Nun ja, dafür gibt es ja das Werden. Ich darf zitieren: Was aber wird, das wird alles durch etwas, aus etwas und zu etwas. Zu etwas meine ich im Sinne jeder Kategorie: Substanz, Quantität, Qualität, Ort. Natürlich heißt dasjenige Geschehen, wo sich ein Entstehen aus der Natur heraus vollzieht. Dabei ist das, woraus etwas wird, das was wir Materie nennen; das, wodurch etwas wird, ist irgend ein von Natur Gegebenes; das, wozu etwas wird, ist ein Mensch, eine Pflanze oder sonst etwas derartiges, was man vorzugsweise als selbständige Wesen bezeichnet.“

Venja: „Sie brechen jetzt- so ist zu hören –  in eine neue Ära der Menschheit auf, in der sie die Möglichkeit haben könnten, sich gegen den Einschlag eines Asteroiden zu schützen.“

Athugandi: „Wird der Einschlag nicht erst in einigen hundert Jahren erwartet? Wer oder was schützt diese Spezies bis dahin vor sich selbst?“

Venja: „Nun, es werden laufend Ideen entwickelt, wie dies gelingen könnte.“

Athugandi: „War bisher nicht zu beobachten, dass Ideen nur dann erfolgreich sind, sollte einer sie dazu verwenden, um daraus Dogmen zu schmieden?“

Venja: „Nun, Dogmen sind das Geglaubte, Gemeinte, Beurteilte und Beschlossene, wie Du weißt. Es blüht der Geist erst auf, wenn er beginnt, anderen etwas vorzuschreiben.“

Athugandi: „Wird mit Idee nicht etwas bezeichnet, was gesehen werde und einen bestimmten Eindruck mache?“

Venja: „Wenn dem so ist, dann hinterlässt offensichtlich nur Eindruck, was beschränktem Geist auch zuträglich. Dies würde allerdings den Fortschritt von der Idee über die Ideologie zum Dogma plausibel erklären, die Notwendigkeit einer regelbasierten Unordnung als anthropologische Konstante.

Athugandi: „Das Problem beginnt bereits bei der verwendeten Sprache.“

Venja: „Wie meinen?“

Athugandi: „Ich darf dich an die hierzulande übliche Vierteilung hugtak, skilgreining, vísimið und iðorð  erinnern? Nun, wie wir beide wissen, folgte anderenorts in der Geschichte der Schlamperei bei der Interpretation von Texten die Schlamperei bei der Übersetzung von Worten und Texten, daraufhin die Begriffserweiterung und Begriffsverengung, anstelle hierfür neue signifikante Ausdrücke zu entwickeln. Obendrein schmuggelten die Interpreten klammheimlich nur zu gerne auch noch eigenen Senf hinzu.“

Venja: „Nun, bereits vor mehr als 2000 Jahren wurde darauf hingewiesen, dass es zu einem Wort mehrere Bedeutungen gäbe, je nachdem, wie das Wort gebraucht werde.“

Athugandi: „Wirklich? Willst du mir etwa sagen, dass Wittgenstein abgeschrieben habe? Ist es nicht Aufgabe der Wissenschaft, Identität, Gleichheit und dergleichen, sowie die Gegensätze davon zu bestimmen?“

Venja: „Nun, es sind dort Dialektik und Sophistik, welche sich um das Reich der Objekte  und Gegenstände drehen. Es ist davon zu lesen, dass bei der einen die Richtung den Unterschied mache, welche das Erkenntnisvermögen einschlage, bei der anderen sei es das Lebensziel, welches sie sich stecke. Die Dialektik sei nur eine bloße Übung der Erkenntniskräfte an den Gegenständen, die Sophistik treibe hingegen die Wissenschaft nur zum Schein und sei daher keine wirkliche Wissenschaft.“

Athugandi: „Es steht auch geschrieben, dass im Falle,  ein Wort habe unendlich viele Bedeutungen, dann es offenbar gar keinen Sinn mehr mache, denn nichts Bestimmtes bedeuten heiße überhaupt nichts bedeuten, und wenn die Wörter nichts bedeuten, so ist damit das Sprechen der Menschen unter einander aufgehoben und in Wahrheit auch das Selbstgespräch. Denn es ist unmöglich zu denken, wenn man nicht etwas Bestimmtes denke. Solle dies aber weiterhin möglich sein, so müsse für die bestimmte Sache auch der entsprechende Ausdruck gesetzt sein. Du kennst ja hinlänglich meine Vorerkrankung, welche dazu führte, laufend Selbstgespräche führen zu müssen.“

Venja: „Ist mir bestens bekannt. Es sei also, wie wir beide zu Anfang gesagt haben: das Wort habe eine bestimmte und zwar eine einheitliche Bedeutung.“

Copyright (c) FOTO: REUTERS/Lucas Jackson)

Athugandi: „Nun, wie wir beide wissen, bietet die Lyrik, das Gedicht, erfreulicherweise ausreichend Medizin für jene, welche an Ideologien und Dogmen zu leiden haben. Verhält es sich doch so, dass die Lyrik völlig untauglich, hieraus Ideologien und Dogmen schmieden zu können. Als Entschädigung dafür eröffnet sie dem Leser den Raum für freie Assoziationen, welche die Erkenntnisfähigkeit  nicht eindämmen, sondern erweitern. Magst Du mit mir ein Lied anstimmen?

Venja fasste Athugandi bei der  Hand und beide tanzten einen Reigen auf ihrem Stein.

(20) Gráðugur halur,
nema geðs viti,
etur sér aldurtrega.
Oft fær hlægis
er með horskum kemur
manni heimskum magi.
1)

(20) Habgierig schlüpfrig
und ohne Acht
erfrisst er sich Ärger,
oft erntet Spott
wer zu anderen kommt
mit eines dummen Menschen Ranzen.

1) „Hávámál og Völuspa“, Gísli Sigurðsson, Svart á Hvítu, Reykjavik 1986 

„Teil des Seins eines Isländers“

Am 30. November veröffentlichte die New York Times einen Artikel der Autorin Kimiko de Freytas-Tamura über ein isländisches Phänomen: „On an Island Named for Ice, the Poets Are Just Getting Warmed Up„. Übersetzung aus dem Englischen:

Von KIMIKO DE FREYTAS-TAMURA NOV. 30, 2016:

Island, so scheint es, ist voll von versteckten Dichtern.

Wenn sie nicht ihrem Hauptberuf nachgeht, versucht sich eine große Anzahl der 330.000 Einwohner zählenden Insel in Versen, auch Politiker, Geschäftsleute, Pferdezüchter und Wissenschaftler, welche die genetische Isolation der Insel in der Verfolgung medizinischer Durchbrüche studieren. Selbst David Oddsson, der 2002 Ministerpräsident war (als die isländischen Banken privatisiert wurden) und Zentralbankpräsident im Jahr 2008 (als die Banken zusammenbrachen), ist ein ausgebildeter Dichter .

Birgitta Jonsdottir, die Anführerin der anarchistisch ausgerichteten Piratenpartei, die sich bei der gegenwärtigen Parlamentswahl sehr gut bewährt hat, beschreibt sich ziemlich hochfliegend als „Poetikerin“. Ihr erstes veröffentlichtes Gedicht „Schwarze Rosen“ schrieb sie, als sie 14 Jahre alt war, und drehte sich um einen nuklearen Holocaust.

Kari Stefansson, einer der weltweit führenden Genetiker und Gründer von Decode Genetics, erinnerte sich an ein Gedicht, das er 1996 schrieb, wenige Monate nach der Geburt von Dolly, dem geklonten Schaf.

„Ich war ein wenig depressiv“, sagte Herr Stefansson in seinem Büro, das mit seinen Schlitzfenstern und Computerbildschirmen ein wenig wie das Innere eines Raumschiffs aussah. „Einer meiner Wege, damit umzugehen, war, ein kleines Gedicht zu schreiben“, sagte er, bevor er fortfuhr, es zu rezitieren:

Wo finde ich, verloren in der Helligkeit eines sonnigen Tages,
das Glück eines unglücklichen Menschen.

Günstig nur, eine Kopie von sich selbst zu sein.
Alles andere stinkt.

Poesie ist ein nationaler Zeitvertreib, nicht eine besonders „fachliche Tätigkeit“, sagte Sveinn Yngvi Egilsson, Professor für isländische Literatur an der Universität von Island. „Sie ist ein Teil des Seins eines Isländers“, sagte er. „Ja, es ist charmant, nicht wahr?“

In früheren Zeiten waren Verse ein integraler Bestandteil der gesellschaftlichen Zusammenkünfte und wurden oft improvisiert, sagte er. Dichterwettbewerbe fanden statt, wobei die Preise an die witzigsten und schärfsten Verse gingen. Die beliebteste Versform, sagte er, wird „ferskeytla“ genannt, vier gereimte Strophen, die in zwei Teile aufgeteilt werden können.

Isländer sind ungewöhnlich fruchtbare Leser und Schriftsteller, und Gedichtbände neigen dazu, sich gut in Island zu verkaufen. Poesie war den Zahlen der Nationalbibliothek zufolge die drittgrößte Kategorie von Büchern, die im Lande im Jahr 2014 veröffentlicht wurden, nach Fiktion und Kunst. In diesem Jahr wurden weit mehr Poesie-Bücher in Island veröffentlicht, als Bücher über Wirtschaft oder öffentliche Verwaltung. (Es gab anscheinend überhaupt kein Buch über Finanzwirtschaft.)

Das kalte ozeanische Klima und lange Winternächte können auch etwas damit zu tun haben. „Die Leute bekommen gewöhnlich Langeweile, und sie versuchen, sich gegenseitig bei Laune zu halten“, sagte Professor Egilsson. „Einer dieser Wege ist die Poesie.“

Übersetzung: B. Pangerl

þanki

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Du warst lange Zeit unterwegs. Du weißt Neues zu berichten?“

Tilvera: „Nur über jenes, was Geschichte genannt, womit nicht Erzählung gemeint, sondern Entwicklung, im Sinne entstehender Gesellschaften. Sie suchen nun nach Veränderungen im Erleben und Verhalten, die zeitlich überdauern, und aufeinander aufbauen.“

Ónytjungur: „Wie? Ist ihnen noch nicht genug, was bisher angerichtet?“

Tilvera: „Es geht ihnen um die Anerkennung, Urinstinkte ausleben zu dürfen.“

Ónytjungur: „Als da sind?“

Tilvera: „Zum Beispiel die Angst. Diese habe über Jahrmillionen die Arterhaltung mitgesichert. Daher sei aufklären und Ungebildetheit anprangern die falsche Antwort. Entsteht Angst, würden die Urinstinkte geweckt, und diese seien brutal, und vertrügen sich nicht mit gebildetem Denken.“

Ónytjungur: „Interessant, Urinstinkte lehnen Information und öffentlichen Tadel ab. Richtet sich jenes, was da nun Urinstinkt genannt, nicht gegen die eigene Art, gegen Menschen? Sind die Opfer in deren Augen wieder einmal keine Menschen mehr, oder wird da nur Urinstinkt genannt, was kein Urinstinkt ist?  Und was ist denken?“

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(Bild: Bernhild Vögel)

Tilvera: „Eine berechtigte Frage. Es entstand aus dem mittelhochdeutschen Wort þanki.

Ónytjungur: „Aber þanki ist ein Ergebnis, und keine Tätigkeit. Wie kam es zu solchem Unsinn?“

Tilvera: „Ich weiß. þanki  ist das Wort für jenes, was in einer anderen Sprach Idee genannt.“

Ónytjungur: „Wurde das Wort Idee nicht dem Griechischen entnommen?“

Tilvera: „Sie haben eine Rangordnung festgelegt, im Sinne von Sortierung mehrerer vergleichbarer Objekte zum Zwecke einer Bewertung, und in dieser steht Idee über Wirklichkeit.“

Ónytjungur:þunk ist þank? Mir dünkt, ergo denk ich? Ist mit der Tätigkeit dünken  nicht bezeichnet, dass da einem etwas so vorkomme, es ihm als ob erscheine, anmute? Und beruhen nicht Ideen auf demselben? Wozu dann zwei Wörter für dasselbe? Ist doch, was mit denken bezeichnet, nichts anderes als dünken. War ihnen dünken nicht ausreichend, so dass sie aus dem Begriff þanki, also Idee, ein Tunwort erzeugen mussten?“

Tilvera: „Nun, vielleicht deckte das Wort dünken nicht ab, was denken abdecke.“

Ónytjungur: „Soso.  Und was wird getan, wenn einer denkt, und nicht dünkt?“

Tilvera: „Ich denke, also bin ich.“

Ónytjungur: „Wäre das auch nicht schon erreicht, wenn mir etwas deuchte, also dünke?“

Tilvera: „Zweifellos. Dann wären aber bestimmte Aussagen nicht mehr möglich.“

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Gedanke – Idee

Ónytjungur: „Als da wären?“

Tilvera: „Zum Beispiel: Was denkst du.“

Ónytjungur: „Und wozu fragst du nicht: Was überlegst du?“

Tilvera: „Oder:  Ich habe ihm was zu denken gegeben.“

Ónytjungur: „Und wozu teilst du mir nicht mit: Ich habe ihm was zu überlegen gegeben?“

Tilvera: „Da wäre noch: was denkst du darüber.“

Ónytjungur: „Und wozu fragst du nicht: wie urteilst du darüber?“

Tilvera: „Es ginge auch nicht mehr die Feststellung: wer hätte das von dir gedacht.“

Ónytjungur: „Und wozu sagst du mir nicht: wer hätte das von dir geglaubt?“

Tilvera: „Es wäre auch die Mitteilung nicht mehr möglich: das war für ihn gedacht.“

Ónytjungur: „Und wozu teilst du mir nicht mit: das war für ihn bestimmt?“

Tilvera: „Ich könnte auch nicht mehr sagen: ich habe mir nichts Böses dabei gedacht.“

Ónytjungur: „Und wozu sagst du nicht: ich habe dabei nichts Böses beabsichtigt?“

Tilvera: „Ich könnte auch nicht mehr sagen: das habe ich mir gleich gedacht.“

Ónytjungur: „Und wozu sagst du nicht: das habe ich mir gleich vorgestellt?“

Tilvera: „Findest du nicht, dass du ein Wortklauber bist?“

Ónytjungur: „Ist das deine Antwort auf meine Frage nach dem wozu? Dann düfte das Tunwort denken wohl mehr bei einer fixen Idee anzusiedeln sein, und nicht bei Gedanke, also bei kredda, und nicht bei hugur. Soll ich deiner Ansicht nach langsam zu verstehen beginnen, aus welchem tieferen Grund es das Tunwort denken nicht in allen Sprachen gibt?“

Tilvera: „Nun, dieses Tunwort bezeichnet eine Zusammenfassung der Tätigkeiten überlegen, urteilen, erinnern, glauben, bestimmen, vorstellen, meinen und beabsichtigen.“

Ónytjungur: „Und was ist das Ergebnis, wenn ich Äpfel, Unterhosen, Schraubenzieher und Kartoffeln zusammenrühre? Apfelmus? Kartoffelbrei? Dann wäre wenigstens nachvollziehbar, dass im Ergebnis über dieses Wort nur eine diffuse Vorstellung herstellbar, da zum Einen völlig undeutlich, und zum Anderen eine erforderliche Abgrenzung unterschlagend.“

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Differenzierung Eigenschaft „dumm“

Tilvera: „Wie bereits festgestellt, du bist nichts anderes als ein Wortklauber. Das rein Geistige wird dir stets fremd sein, wenn du so weiter machst. Bist du dumm?“

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„Vernunft“

Ónytjungur: „Das lässt sich wohl nicht vermeiden. Insbesonders dann, wenn mich einer dahingehend belehren möchte, dass ich mich vor einer Diktatur der Vernünftigen zu fürchten habe. Offensichtlich ist einem solchen unbekannt, was hierzulande unter dem Wort Vernunft verstanden wird. Aus diesem Grund  ziehe ich dem rein Geistigen vor, auf Erfahrung beruhend, durch systematische Beobachtung zu einer vorläufigen Annahme zu kommen, diese dann zu untersuchen, um dann zu versuchen, ob ich das auf solche Art und Weise  Aufgefundene mir selbst gegenüber erklären könne.“

Tilvera: „Und? Kannst du?“

Ónytjungur: „Kaum. Es zerrinnen mir die Wörter bei genauerer Inspektion wie Sand zwischen den Fingern. Und beschränke mich daher lieber  auf die Wörter überlegen, urteilen, erinnern, glauben, bestimmen, vorstellen, meinen und beabsichtigen. Sind doch diese Tätigkeiten für mich nachvollziehbar.“

Tilvera: „Dann wird aus dir nie ein Denker.“

Ónytjungur: „Wer sagt, dass ich beabsichtige, ein solcher eines Tages zu werden? Mir genügte schon, würde ich eines Tages wenigstens einen geringen Teil von dem verstehen, was anderen begreiflich.“

Gegen jede Einförmigkeit

troll-imadeWEB-1Wie jedes Jahr wurde am 16. November, dem Geburtstag des Dichters Jónas Hallgrímsson, auf Ísland der Tag der Isländischen Sprache gefeiert, und der Kultusminister vergab den Jónas- Hallgrímsson-Preis für wichtige Beiträge zur isländischen Literatur.

Dieses Jahr wurde der isländischer Dichter und Übersetzer Sigurður Pálsson ausgezeichnet. In seiner Dankesrede sprach Sigurður Pálsson über die Wichtigkeit von Sprachstudien:

Jener, dessen Sprache nur wenige Menschen verstehen, ist in der attraktiven Position,  gezwungen zu werden, eine andere Sprache zu lernen. Der Zwang ist sowohl süß  als auch lohnend. Eine andere Sprache zu lernen bringt die Fähigkeit für eine vielfältigere Einstellung zur Vielfalt der Welt hervor, und arbeitet gegen jede Einförmigkeit. Dies ist von entscheidender Bedeutung. Einförmigkeit ist nicht nur widerwärtig und uninteressant – sie ist gefährlich. Sie kann zu Isolation, Angst und Hass führen. Durch das Lernen fremder Sprachen stellen wir uns in andere Fußstapfen, und können deren tieferen Sinn verstehen. Sprachstudien umfassen nicht nur ein neues Vokabular, sondern auch eine andere Denkweise, eine andere Erinnerungssammlung, eine andere Weltanschauung, einen anderen kulturellen Reichtum.

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(Bild: Bernhild Vögel)

 

 

Hauptwort-Bildung

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Elfar Logi Hannesson spielt heute. Kommst du?“

Tilvera: „Mich beschäftigt gerade noch eine wichtige Frage. Gesetzt den Fall, ein Selbst, das synonym zu personeller Identität behandelt, ist nur zeitlich begrenzt, und keineswegs gleichbleibend, dann müsste es doch zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine gewisse Dauer wenigstens einmal zwei identische Selbst geben, bzw. gegeben haben, oder einmal geben, also nicht den körperlichen, sondern den geistigen Klon.“

Ónytjungur: „Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken. Ist es nicht auffällig, dass jene, die allzu großzügig mit Fremdwörtern um sich werfen, als gäbe es keine analoge Entsprechung für das Wort in deren Muttersprache,  auch jene sind, welche jedem konkreten Individuum dessen Selbst absprechen, ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, was dessen Selbst ist?“

Tilvera: „Wo ein Wille, da ein Weg.“

Ónytjungur: „Soso, es mangelt bei mir folglich an erforderlichem Willen. Ich will also nicht. Und ich befürchtete schon, ich sei unfähig geworden, etwas zu verstehen. Allerdings ist aber auch hinlänglich bekannt, dass stets dann, wenn einer sich auf den Weg macht, Kluges von sich zu geben, da vom Verlangen nach Bestätigung oder Ablehnung heimgesucht, er gut damit beraten ist, wenn er hierzu Hauptwörter zu gebräuchlichen und allgemein bekannten Wörtern erschaffe, die an sich – sollte ich mich in diesem Punkt nicht irren – eigentlich Tätigkeiten und Eigenschaften bezeichnen. Da lobe ich mir doch eine gute Erzählung, wo jedes Wort passt, noch dazu, wenn diese von einem Könner seines Fachs vorgetragen. Also, kommst du nun mit, oder nicht?“

Tilvera: „Du meintest gängige Verben und Adjektive.“

Ónytjungur: „Ich meine gebräuchliche Tätigkeitswörter und Eigenschaftswörter.“

Tilvera: „Was dasselbe ist.“

Ónytjungur: „Und wozu dann der Umweg?“

Tilvera: „Wie käme sonst zum Ausdruck, dass es sich bei mir um einen Gebildeten handelt, der da mit dir spricht, also einem Gegensatz zu einem primitiven Subjekt.“

Ónytjungur: „Du bist der Ansicht, wenn du Umwege zu gehen gelernt hast, und mir dies nicht laufend kundtun würdest, würde ich dich für ein primitives Subjekt halten?“

Tilvera: „So ist die Welt gestrickt.“

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(Bild: Bernhild Vögel)

Ónytjungur: „Wie kommt es dann, dass die Leute dort unten, sogar auf der gesamten Insel, ohne Fremdwort und Lehnwort reden, und es diesen dennoch an nichts mangelt? Im Gegenteil, diese sich sogar höchst verständlich und vielfältig auszudrücken wissen, wie deren umfangreiche  Literatur belegt. Gehören diese Leute nicht zu dieser Welt, sind diese vielleicht anders gestrickt?“

Tilvera: „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich.“

Ónytjungur: „Etwas viel Wille für einen Tag, findest du nicht? Was ist eigentlich dieser Wille?“

Tilvera: „Das Wort wurde aus der Tätigkeit wollen destilliert.“

Ónytjungur: „Mal sehen, was da herabtropfte. Würdest du sagen, dass stets dann, wenn du etwas willst, dies nur möglich ist, wenn du was beabsichtigst?

Tilvera: „Jedem  Wollen geht eine Absicht voraus .“

Ónytjungur: „Schön, schön. Und ist es nicht notwendig, dass zuerst etwas entschieden werden müsse, bevor es beabsichtigt werden kann, was dann dazu führt, dass etwas gewollt wird?“

Tilvera: „Ich kenne es nicht anders. Allerdings muss ich eingestehen, dass ich vorher abwäge, bevor ich mich entscheide.“

Ónytjungur: „Setzt abwägen nicht voraus, dass erst wählen möglich sein muss, denn gäbe es nichts zu wählen, was wäre dann abzuwägen?“

Tilvera: „Nichts.“

Ónytjungur: „Wie steht es mit den hierfür verfügbaren Angeboten? Hast du diese auch zu vertreten?“

Tilvera: „Wie meinen?“

Ónytjungur: „Nun, es müsse in diesem Fall  zwar mehr als ein Angebot vorhanden sein, denn sonst wäre ja abwägen überflüssig, jedoch ist damit erstens noch nicht gesagt, ob du alle möglichen Angebote kennst, und zweitens noch nicht gesagt, welche Angebote dir  gar nicht zur Verfügung stehen, obschon es sie gebe, allerdings nicht für dich, aus welchen Gründen auch immer das sein mag. Wenn es aber nun weitere Angebote gebe, allerdings nicht für dich, wie kannst du dann sagen, du hättest abgewogen, dich daraufhin entschieden, würdest daraufhin etwas beabsichtigen, und posaunst mir dann die Ohren voll, dass du es willst.“

Tilvera: „Nun, ich habe mich dazu entschieden, oder etwa nicht?“

Ónytjungur: „Und das Ergebnis nennst du dann Wille?“

Tilvera: „Wie sollte ich es sonst nennen?“

Ónytjungur: „Nun, dass du etwas willst, weil du etwas beabsichtigst, was auf Grundlage einer Abwägung entstanden, was bedeutet, dass du dieses verfügbare Angebot gegen die anderen auch noch verfügbaren Angebote für dich ab wägtest, und dich für dieses Angebot entschieden hattest, aus welchen Gründen auch immer.“

Tilvera: „Ist das nicht etwas langatmig?“

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(Bild Bernhild Vögel)

Ónytjungur: „Mag sein. Aber es wäre wenigstens verhindert, dass sich die Leute den Kopf darüber zerbrechen, und ganze Bibliotheken damit füllen, indem sie darüber sich ergießen, ob es nun einen freien Willen gebe oder nicht.“

Tilvera: „Er muss frei sein, denn keiner hat mir vorgeschrieben, wie ich mich entscheiden solle.“

Ónytjungur: „Soso. Und wie steht es damit, dass für dich dabei gar nicht alle verfügbaren Angebote verfügbar waren, aus welchen Gründen auch immer? Und wie kamen jene Dinge zustande, anhand derer du ab wägtest, also Maß nahmst, welches Maß das auch immer gewesen sein mag?  Denn wolltest du von einem freien Willen sprechen, müssten da nicht auch die für dich nicht verfügbaren Angebote von dir gewollt worden sein, dass diese nicht verfügbar für dich sind? Wie steht es zudem mit  jenen Dingen, anhand derer du Maß nahmst, und die dabei verwendete Maßeinheit, die dazu führte, dass du jenes Angebot verwarfst, und das andere erwähltest?“

Tilvera: „Du glaubst, du wirst verständlicher, indem du noch langatmiger wirst?“

Ónytjungur: „War es dir nun zu ausführlich, zu umfassend, oder zu weitschweifig?“

Tilvera: „Mehr im Sinne von zu wortreich.“

Ónytjungur: „Keineswegs so wortreich wie jene, die aus einer Tätigkeit ein Ding destillieren, das kein Ding ist, und dann Bibliotheken damit füllen, da es dieses nun gäbe, was für ein Ding es denn sein könne, wenn es denn ein Ding wäre, und was nicht.“

Tilvera: „Es ist Ausdruck vorhandener Bildung, Dinge bilden zu können, sie sozusagen zu erschaffen.“

Ónytjungur: „Wenn das so ist, dass die Tätigkeit, aus Tätigkeiten und Eigenschaften, die in Gebrauch sind, Hauptwörter zu  destillieren, also Dinge herabtropfen zu lassen, Ausdruck vorhandener Bildung ist, dann verstehe ich auch, dass es sich bei mir so verhält, dass diese Wörter bei mir immer wieder die bestmöglichen Gedanken verhindern, sobald ich nur dahingehende Ansätze mache, diese zu ordnen, zu gestalten, sie einzurichten und aufzubauen. Ist es nicht so, dass für alle Bezeichner charakteristisch sei, dass x nicht x wäre, wenn es nicht auf die Weise z erschiene? Wie erscheint nun Wille? Kann es sein, dass Tröll anders gestrickt sind?“

Tilvera: „Ich kann nicht für alle Tröll reden, denn ich bin nicht diese. Woher soll ich es dann wissen?“

Ónytjungur: „Du hast recht. Ich habe nicht bedacht, dass im Augenblick der falsche Zeitpunkt und du die falsche Person sein könntest.  So werde ich wohl weiterhin auf den Zufall warten müssen, bis mir dieser   genau jenen Tröll zu genau jenem Zeitpunkt über den Weg laufen lässt, an dem dessen Selbst  für eine gewisse Dauer ein Klon des meinigen geworden ist, oder meines das seinige. Die Frage ist nur noch, ob ich es dann bemerken würde. Und woran.“

Tilvera: „Und warum erinnern mich deine Worte im Augenblick an jene Begebenheit, als ein Bursche von der Lehrerin gefragt wurde, was dabei herauskomme, wenn die Zahl 2 zu der Zahl 2 addiert werde.“

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(Bild: Bernhild Vögel)

Ónytjungur: „Sag es mir.“

Tilvera: „Nun, der Bursche antwortete damals der Lehrerin, dass sein Vater ein stadtbekannter Säufer sei, seine Schwester eine Prostituierte, sein Bruder ihn ständig grün und blau schlage, und seine Mutter das Haushaltsgeld tagein, tagaus im Spielcasino verspiele, und meinte dann abschließend zur Lehrerin, …“

Ónytjungur: „… Ihre Probleme möchte ich einmal haben. Ich kenne die Antwort. Willst du nun mitkommen, oder nicht?“

Tilvera: „Da gibt es für mich nichts abzuwägen, es fällt mir daher leicht, mich zu entscheiden. Selbstverständlich bin ich dabei. Ich wäre ein Dummkopf, ließe ich mir die Gelegenheit entgehen, mir etwas erfahren zu können. Zudem muss ich mich nun etwas von breitbeinigen Hauptwörtern erholen.“

Begriffsstutzig

troll-imadeWEB-1Tilvera: Es wird gesagt, Begriffe beruhten auf Übereinkunft, und ihre Bedeutung ergebe sich aus ihrem Gebrauch.“

Ónytjungur: „Du willst mir also erzählen, dass im Falle, Diebe kommen darin überein, das Fahrrad sei kein Diebesgut, sondern nur eine Ausleihung auf unbestimmte Zeit, dann …

Tilvera:Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Ónytjungur: „Falls ja, dann mag das vielleicht daran liegen, dass mich die festgestellten Veränderungen im Gebrauch der Begriffe stutzig gemacht haben. Denn ich finde keine Übereinkunft mehr, keine einzige.“

Tilvera: „Als da wären? Ich meine die Veränderungen im Gebrauch der Begriffe.

Ónytjungur: „Wo soll ich anfangen, angesichts der großen Zahl an Veränderungen? Ich frage nur, denn das könnte dann etwas dauern.“

Tilvera: „Dann nimm das Unveränderte, also jene Begriffe, die auf Übereinkunft beruhen. Das müsste bei der großen Zahl an Veränderungen, und jener Begriffe, zu denen keine Übereinkunft besteht, ja kürzer werden.“  

Ónytjungur: „Als da wären?

Tilvera: „Wie wäre es zum Beispiel mit den Begriffen Absicht und Zweck. Nur um ein Beispiel zu nennen.

Ónytjungur: „Bist du heute von Begriffsstutzigkeit geplagt?

Tilvera: „Keineswegs. Bei beiden Begriffen herrscht Übereinkunft, sowohl was die Begriffe bedeuten, als auch deren Gebrauch.“

Ónytjungur: „Soso. Ich hörte aber davon, dass nun Absicht für Zweck ausgegeben, und wo Zweck vorhanden, dieser entweder auf Absicht oder auf Zufall beruhe.

Tilvera: „Es kann nicht anders sein.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich dann bei einem Neutron eines Uran-235-Atomkerns, und einer Person, die das Neutron aus dem Atomkern herausschießt? Das Neutron eines Uran-235-Atomkerns erfüllt nur einen bestimmten Zweck, es wäre sonst nicht an dieser Stelle, und wie wir wissen, das auch noch sehr erfolgreich, die Person hingegen verfolgt eine bestimmte Absicht. Beruht die Anwesenheit dieses Neutron nun auf Zufall, oder auf Notwendigkeit?“

Tilvera: „Wäre es nicht dort, wo es sich aufhältdann wäre schon längst geschehen, was geschehen wird, wenn die Absicht der Person in die Tat umgesetzt. Dann wäre aber auch nicht möglich, dass wir beide hier nun sitzen,  und du könntest auch nicht deine Begriffsstutzigkeit offenbaren.“

Ónytjungur: „Es ist auch davon zu lesen, die Gestalt der menschlichen Hand, die Anzahl ihrer Finger und deren Maße seien entweder aus Zufall oder aus Notwendigkeit so, wie sie sind.“

Tilvera: „Du schweifst ab. Es geht um Absicht und Zweck.“

Ónytjungur: „So ist es. Die Aussage über die menschliche Hand ist mittlerweile auch bereits 800 Jahre alt. Verhält es sich deiner Ansicht nach so, dass die Aufgabe der menschlichen Hand das Ergreifen ist, auch das Erfassen verschiedener Gegenstände, oder für die Angemessenheit, Werkzeuge zu halten?

Tilvera: „Deine Flucht in Trivialitäten macht deine Abschweifung nicht besser.“

Ónytjungur: „Das mag sein. Die Frage wäre doch, ob alles, was die menschliche Hand kann, was ja vom Wortsinne her Möglichkeit voraussetze – und ich hoffe, wir beide können wenigstens diesbezüglich auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, auf deren Gestalt, der Anzahl ihrer Einzelteile und deren Maße beruhe – und ich hoffe, wir beide können auch hier auf eine Übereinkunft zurückgreifen -, …

Tilvera: „In beiden Fällen genehmigt.“

Ónytjungur: „ … und ob dies nun alles auf Zufall zurückzuführen wäre, oder auf Notwendigkeit.“

Tilvera: „Was hat das mit den Begriffen Absicht und Zweck zu tun? Willst du deine Abschweifung nicht langsam einstellen?

Ónytjungur: „Immer der Reihe nach. Vergiss nicht, wir beide bewegen uns im Augenblick auf der Ebene der Sprache, sind demnach dem Vokabular, der Grammatik, der Syntax und der Semantik dieser Sprache unterworfen. Da ist notwendig, diese einzuhalten, es sei denn, einer wolle nicht verstanden werden. Dann stellte sich jedoch die Frage, wozu er dann die Stille durch Geräusche störe, oder das Sichtbare durch Geschreibsel.

Tilvera: „Und?

Ónytjungur: „Wenn es also so ist, dass die menschliche Hand so ist wie beschrieben, und damit die Aufgabe erfülle, Dinge zu ergreifen, verschiedene Gegenstände zu erfassen, oder angemessen Werkzeuge zu halten, ist es dann nicht so, dass sie ihren Zweck erfülle, und dies nur darauf zurückzuführen ist, dass sie so ist, wie sie ist?

Tilvera: „Wäre sie anders, zum Beispiel so, dass es die Daumen nicht gäbe, sie erfüllte nicht …

Ónytjungur: „Willst du mir  gerade erzählen, dass zur Erfüllung der beschriebenen Aufgaben die menschliche Hand notwendig sei so wie sie ist?

Tilvera: „Sie wäre sonst für die Erfüllung der beschriebenen Aufgaben nicht so brauchbar, also für solche Zwecke.“

Ónytjungur: „Und aus welchem Grund kommt dann einer auf die Idee, es beruhe nur auf Zufall, dass die Hand so ist wie sie ist? Denn beruhe sie auf Zufall, dann würde es keinen Unterschied machen, ob den Menschen die Hand eigentümlich ist oder etwa Hufe oder irgendwelche anderen Körperteile, die den verschiedenen Tieren eigentümlich sind. Denn der Zufall benötigt keinen Grund, und benötige er einen, so wäre er nicht Zufall. Ist es nun die Aufgabe, also der Zweck, welche die menschliche Hand so formte wie sie ist, oder der Zufall? Denn der Zufall hätte auch zu einem Huf führen können.

Tilvera: „Die Form könnte auf Versuch und Irrtum beruhen.“

Ónytjungur: „Ein Huf wäre aber kein Irrtum, wie die Pferde belegen. Kein Zweifel möglich, es schätzt der Mensch die Logik; so sie nicht mit einer Idee kollidiere. Womit du auch noch unweigerlich bei der Absicht angekommen.“

Tilvera: „Ich bin nur bei Versuch und Irrtum angekommen.“

Ónytjungur: „Setzt Versuch nicht Absicht voraus? Beschreibt der Begriff Versuch doch, dass da etwas sei, was nicht so hingenommen, und daher zu probieren sei, wie probiert werde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden. Setzt probieren nicht Absicht voraus? Ist doch etwas, was nicht so hingenommen werde, und daher ein anderer Zustand herbeigeführt werden solle, ein Beweggrund. Oder herrscht auch bei dem Begriff Beweggrund mittlerweile keine Übereinkunft mehr, und dessen Bedeutung ergebe sich nur nun aus seinem Gebrauch?“   

Tilvera: „Dann sage, es sei ein Motiv.“

Ónytjungur: „Wie auch immer. Vom logischen Standpunkt aus betrachtet würde es stets darauf hinauslaufen, dass der Zufall eine Absicht verfolgen müsse, also einen Beweggrund habe, du kannst es auch gerne Motiv nennen. Dumm nur, dass probieren dann nicht auf Zufall beruhe, da Beweggrund vorhanden, daher Zufall sich nur für einen solchen ausgebe.“

Tilvera: „Du sprichst in Rätseln.“

Ónytjungur: „Beweggrund ist eine Schranke, und ich hoffe, dass dazu wenigstens noch eine Übereinkunft existiere. Wenn alles Zufall ist, dann kann es auch keine Notwendigkeit geben, schließt doch das eine das andere aus. Da bei Notwendigkeit noch Möglichkeiten existierten, die nicht Notwendigkeit, da Notwendigkeit ja genau nur eine der Möglichkeiten, so wie auch Unmöglichkeiten existierten, so sind es die Unmöglichkeiten, die den Möglichkeiten – damit auch der Notwendigkeit – Schranken setzen, denn sonst ergäben alle drei Begriffe keinen Sinn. Dem Zufall hingegen können keine Schranken gesetzt sein, denn gäbe es da auch nur eine einzige, so wäre Zufall auch nicht mehr Zufall.“

Tilvera: „Na, dann bleibt mir wenigstens erspart, Zufall zu sein. Denn mir sind eine Fülle von Schranken gesetzt.“

Ónytjungur: „Nun verhält es sich aber auch noch so, dass Absicht eine Entscheidung voraussetze, und Entscheidung vorhandene Alternativen, denn wo keine Alternative, ist auch nichts zu entscheiden, und wo keine Entscheidung möglich, ist auch keine Absicht möglich. Wird probiert, so müssen zwar Alternativen gegeben sein, also mindestens zwei, allerdings ist bei probieren keine Entscheidung erforderlich, welche der Alternativen jetzt versucht, welche nicht, und welche später. Dabei wird aber übersehen, dass davor eine Entscheidung erfolgt sein muss, denn …

Tilvera: „… dies ergibt sich daraus, dass da etwas war, was nicht so hingenommen, und daher probiert wurde, einen anderen Zustand herzustellen, statt sich damit abzufinden, was einen Beweggrund konstituiere, ich weiß. Du weißt, was ein Korinthenkacker ist?

Ónytjungur: „Wer sagt, dass ich rechthaben möchte? Das genaue Gegenteil ist der Fall, ich bin nur ein Opfer meiner eigenen Begriffsstutzigkeit.“

Tilvera: „ Na, dann.

Ónytjungur: „Absicht setzt zudem vorhandenes Interesse voraus. Es sei denn, es wäre möglich, dass eine Absicht hinsichtlich etwas verfolgt werde, an dem gar kein Interesse bestehe. Das wäre aber meines Erachtens ein sehr merkwürdiges Gebaren. Führte es doch dazu, dass Zufall auch noch ein Interesse habe. Schon erstaunlich, welche Eigenschaften Zufall aufweist. Wenn also Absicht eine Entscheidung voraussetze, Entscheidung wiederum alternative Angebote voraussetze, so ist zu sagen, dass Zweck im Gegensatz hierzu weder alternative Angebote noch Entscheidung erfordere. Er ist einfach erfüllt, oder eben nicht. Können wir beide dahingehend zu einer Übereinkunft kommen?

Tilvera: „Meinetwegen. Falls sie dazu geeignet, die Angelegenheit zu verkürzen. Bist du nun mit deinen persönlichen Erkenntnissen über Wirklichkeit und Wahrheit fertig?

Ónytjungur: „Es gibt solche, die aussagen, Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit sei nicht möglich, und solche, die aussagen, sie verfügten über Erkenntnis von Wirklichkeit und Wahrheit. Beide Aussagen sind von gleicher Qualität. Denn die einen können es nicht wissen, und die anderen sich nur irren.“

Rede laut und deutlich!

troll-imadeWEB-1Rede laut und deutlich?

Seit Milliarden Jahren verfügt jedes Neugeborene, wo immer und wann immer es auch geboren wurde, über die Fähigkeit, jede Sprache der Menschen in kürzester Zeit verstehen zu können, ohne jegliche Anleitung von Lehrern oder pädagogisch ausgefeilter Übungsaufgaben.

Alle jemals Geborenen, wo immer und wann immer sie auch geboren wurden, benötigten unmittelbar nach ihrer Geburt nur 15 Minuten, in denen ihnen Sätze einer Sprache vorgesprochen werden, die sie vorher noch nie hörten, vorgetragen in korrekter Grammatik jener unbekannten Sprache, und bereits nach 15 Minuten erkennt jedes Neugeborene, wo immer und wann immer es auch geboren wurde, jeden nachfolgenden Satz, der in nicht korrekter Grammatik jener unbekannten Sprache formuliert wurde.

Ich nenne diese Fähigkeit wirkmächtiges Begreifen, das zwingend notwendig, denn ohne dieses könne kein vorstellendes Begreifen erzeugt werden, und ohne vorstellendes Begreifen ist der Mensch völlig unfähig, zum Beispiel einen Apfel als Apfel zu erkennen, und würde daher an Hunger sterben.

Ich bitte daher, vertraulich zu behandeln, dass ich eine solche Person bin, welcher mit der Zeit diese Fähigkeit verloren ging, denn ich schäme mich zuzugeben, dass ich nun dümmer bin als ich es zur Zeit meiner Geburt war.

Entwicklung_des_Gehirns
Grundlage vorstellenden Begreifens [entnommen aus „Die Entwicklung des Gehirns und seine Risiken“, Frau. Dr. Kipp, Universität Saarland, 2006]

Die Bedeutung eines Satzes ist dessen Gebrauch. Was voraussetzte, dass das darin Bezeichnete beschrieben sei, also jener Referenzgegenstand, auf den mit dem Bezeichner, dem Wort, Bezug genommen, was zwingend erfordere, dass eine bestimmte Vorstellung damit verbunden werde, und gebe es unterschiedliche Vorstellungen zu dem Referenzgegenstand, so wäre ein Bezeichner geschaffen, dem das darüber Bezeichnete fehle, was die Frage aufwerfe, zu welchem Zweck dann der Bezeichner geschaffen.

ukSpeak loud and clear

frParlez haut et fort

isTala hátt og snjállt