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Des Gnoms Genom

Tilvera: „Sie setzen nun entdecken dem erfinden gleich, und argumentieren, dass kein Unterschied bestehe zwischen den beiden Tätigkeiten, denn es sei der Verstand, der entdecke, und da dieser  es ist, der finde, sei es erfunden, und keineswegs entdeckt. Dein Genom wurde daher keineswegs entdeckt, sondern erfunden.“

Ónytjungur: „Ich besitze keinen Gnom. Es war daher bei mir auch keiner zu entdecken, und wäre da, weil bei mir hier nichts zu finden war, deswegen erfunden worden, dass ich einen Gnom besitze, so wurde dies meiner Erinnerung nach vor nicht langer Zeit noch Lüge genannt. Und diese meine Aussage ist wahr,  sowohl für jenen Fall, dass du mit dem Wort Gnom einen Erdbewohner meintest, als auch für jenen Fall, dass du mit dem Wort vom Verstand sprachst.“

Tilvera: „Ich sagte Genom, und nicht Gnom. Du spottest über Kleinwüchsige?“

Ónytjungur: „Wo denkst Du hin. Du weißt, das unsichtbare Volk ist unser treuester Freund, und wir Tröll deren treueste Freunde. Und da das unsichtbare Volk, wie der Name bereits darauf hinweist, unsichtbar ist, kann kein Tröll wissen, ob diese Bewohner im Untergrund nun Riesen, Zwerge, oder keines von beiden sind.  Demnach ist für uns Tröll eine bestimmte Körpergröße völlig nichtssagend, denn wäre es anders, wie könnten wir dann deren treueste Freunde sein.“

Tilvera: „Dennoch sagte ich Genom, und nicht Gnom.“

Ónytjungur: „Würdest Du mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass im Falle, mit dem Wort Gnom würden Erdbewohner bezeichnet, dann mit dem Wort eine angemessene Vorstellung über das Bezeichnete verbunden werden könne, hingegen  im Falle, es würde mit dem Wort Verstand bezeichnet,  keine angemessene Vorstellung über das Bezeichnete verbunden werden könne?

Tilvera: „In beiden Fällen wäre das darüber Bezeichnete einer Vorstellung zugänglich. Es ist aber immer noch so, dass ich vom Genom sprach, und nicht vom Gnom.“

Ónytjungur: „Gemach. Wie du weißt, gibt es keine Messgröße, die das Ausmaß an Verstand messe, also jener Fähigkeit, über welche mittels Begriffen sich etwas vorgestellt werde. Eine Messgröße  gibt es selbst dann nicht, setzte einer eine solche. Zudem, bildete einer Begriffe, und verknüpfte er diese dann mit Urteilen,  so wäre einer – wolle er in Folge darüber aussagen – dazu gezwungen, dieses  über Vergleiche mitzuteilen, da über Sprache nur Aussagen von Vergleichen möglich. Doch was wäre dann beschrieben über dieses Etwas, wenn erzählt, es sei größer oder kleiner als, dicker oder dünner als, älter oder jünger als, und was da an Vergleichen noch so möglich?  Das Ding selbst? Oder nur das Ergebnis eines Vergleichs, bezogen auf irgendeine Messgröße?“

Tilvera: „Nun, ebenso verhält es sich mit jenem, was mit dem Wort Akzeptanz bezeichnet. Auch über diese gibt keine Messgröße, die ein Ausmaß an Akzeptanz messe. Selbst dann nicht, setzte einer eine solche. Denn diese wäre immer willkürlicher Natur. Und so wäre von Akzeptanz nur zu sagen, dass es zwar einen oberen und unteren Schwellwert hinsichtlich vorhandener oder nicht vorhandener Akzeptanz gebe, jenseits derer entweder – in der einen Richtung – die Urteilsfähigkeit sich in ein  kollektives Delirium begebe, oder-  in der entgegengesetzten Richtung – ein konkretes Individuum sich  von jeglichem weiteren Versuch einer Kontaktaufnahme verabschiede, nicht jedoch, ab wann denn diese Schwellwerte nach oben oder nach unten genau über- oder unterschritten seien.“

Ónytjungur: „Wie kannst du dann behaupten, in beiden Fällen wäre das darüber Bezeichnete einer Vorstellung zugänglich, also sowohl bei den Ding Erdbewohner, wie bei dem Nichtding Verstand?“

Tilvera: „Nun, weil die Resultate aus der Bildung von Begriffen, und der damit verknüpften Urteile für jedermann wahrnehmbar, so er über Sinne verfüge.“

Ónytjungur: „Zugegeben. Und das auch noch unübersehbar. Jahrhunderte sitze ich nun bereits auf meinem Stein, bin durch Länder gereist, habe mir erfahren, was an Dingen jenseits des Horizonts, und bin dort auf jenes gestoßen, was Intelligenz genannt.“

Tilvera: „Nun, dann verfügst du bereits über Wahrnehmung, was Voraussetzung von Intelligenz. Wie du sicherlich weißt, ist Wahrnehmung selbst nur dumm.“

Ónytjungur: „Nun, ich bin ein Tröll. Ziehe demnach Betrachtungen über Wahrgenommenes allemal einer möglichen Intelligenz vor, und bleibe daher lieber dumm. Stahl doch die Intelligenz zuerst das Land, das ausnahmslos für alle bestimmt, wissend, dass sie damit Artgenossen die Ernährungsgrundlage entziehe. Dann erfand sie den Tausch, und verkündete den Landlosen: ‚Schaffet an meiner statt, und ich gebe euch dafür das Brot, das ich euch entzog!‚ Dann erfand sie die unverderbliche  Ware, die es gar nicht gibt, was dazu führte, dass die einen diese im Übermaß horteten, und die anderen mühsam oder vergeblich sich selbst verleugneten, um etwas davon zu erhalten, denn nur darüber war noch Nahrung zugänglich. Und so wucherten Höfðingar landauf, landab, und jene, die übrig blieben. Da aber noch das Prinzip herrschte, dass jedes konkrete Individuum sich seinen Goði frei wählen konnte,  den Goðar daher jederzeit die Gefolgschaft aufgekündigt werden durfte, ohne deswegen etwas Nachteiliges befürchten zu müssen,  erfand sie die Ideologie, die Nation, die Gesellschaft, die Akzeptanz, welche nur das Ausmaß an Gefolgschaft, die Ochlokratie, die Diktatur der Mehrheit, die Querulanten, die Leitkultur, die Nestbeschmutzer,  ersetzte Gattung durch Volk,  und Wissen durch Meinung, und was noch so alles an Begriffsbildungen möglich, verhedderte und verirrte sich in dem auf solche Weise entstandenen Begriffslabyrinth, verwarf endgültig, dass etwas unstrittig sein könne, und da es hierfür noch keinen Begriff gab, nannte sie es Zivilisation.“

Tilvera: „Du scheinst mir ein Defätist zu sein.“

Ónytjungur: „Du hörst einen, der mutlos und hoffnungslos ist, und die eigene Sache für aussichtslos hält? Setzte eine solche Haltung nicht voraus, dass da einer sich auf den Weg gemacht hätte, Gefolgschaft für die eigene Sache zu suchen, da von Sucht nach Bestätigung oder Widerspruch heimgesucht?  Was wäre da schon anderes gewonnen als Gesocks.“

Tilvera: „Nun, das liegt daran, dass du strohdumm bist.“

Ónytjungur: „Da lob ich mir doch die Dummheit. Verhält es sich nicht so, dass Gefolgschaft es war, die aus der Menge von Milliarden Exemplaren einem Dutzend aus dieser Menge die Möglichkeit schuf, dass dieses Dutzend jedes Lebende von dieser Erde jederzeit auslöschen dürfe, wann immer es einem aus diesem Dutzend gefiele, und die Befugnis hierzu als notwendig ausgab, wider besseren Wissens die Behauptung aufstellend, bereits die Gattung begründe, dass es sich bei solchen bereits per-se um ein vernunftbegabtes Wesen handeln müsse?“

Tilvera: „Dem Versuch einer Abschaffung dieses Zustands wird von intelligenten Leuten kein Erfolg attestiert, wie du weißt. Bist du nun ein systematischer Schlechtreder gesellschaftlicher und politischer Umstände geworden?“

Ónytjungur: „Ich erzähle dir nur, was ich mir auf meinen Reisen erfahren hatte, und nichts darüber hinaus. Sage mir, falls ich lüge, und meine Erinnerung mich betrogen habe, und ich werde meine Erzählung korrigieren.“

Tilvera: „Nun, für den Fall, dass du dich noch daran erinnern kannst: ich sprach nur vom Genom.“

Ónytjungur: „Auch ich spreche von nichts anderem. Sag mir, wie nennst du Etwas, das zwar in der Lage ist, einen gesprochenen oder geschriebenen Satz als Aneinanderreihung von Begriffen zu erkennen, darin enthaltene Begriffe extrahieren und bereits vorhandenen Begriffen zuordnen kann,  Beziehungen und deren Kardinalität in einem Gedächtnis ablegen kann, ausschließlich  in der Lage ist, einer vorgegebenen Reihenfolge von Entscheidungen, Wiederholungen und Anweisungen zu folgen, nur dazu fähig, Erkenntnisse ausschließlich aus dem Gebrauch vorliegender Statistiken gewinne, und jegliche Entscheidung nur auf Grundlage vorliegender statistischer Daten treffen kann? Nennst du solches etwa vorhandenen Verstand, oder Verständnis, oder Besinnung, oder Einsicht?“

Tilvera: „Dies wäre erst anhand jener Begriffe feststellbar, die diesen Nomen vorausgingen, demnach  die Begriffe für  die Tätigkeiten überlegen, verstehen, begreifen, besinnen, und einsehen, da erst über diese Tätigkeiten einer möglichen Vorstellung zugänglich.“

Ónytjungur: „Und ist verstehen, begreifen, sich besinnen, und einsehen möglich im Falle, einer wüsste nur jenes, was ihm persönlich bekannt, jedoch nicht jenes, was ihm unbekannt, dennoch aber vorhanden?“

Tilvera: „Es wären nur solche Annahmen herstellbar, welche das im Unbekannten gebliebene nicht berücksichtigten, was zwangsläufig zu irrtümlichen Entscheidungen führe. Irrtum wäre daher bereits systemimmanent und  vorprogrammiert.“

Ónytjungur: „Womit der Satz erklärt, dass ein Mensch sich stündlich irre. Und da dem so ist, überträgt er nun jenes, was er für Intelligenz hält, auf eine neu geschaffene Gattung, die in der Lage, sich – im Gegensatz zu ihm selbst –  jede Millisekunde irren zu können. Womit ich beim Genom angekommen.“

Tilvera: „Und worin bestünde deiner Ansicht nach die Verbindung mit jenem, von dem du erzähltest, mit jenem, was Genom genannt?“

Ónytjungur: „Nun, ich hörte davon, dass bei diesen Wesen sogenannte Pseudogenome gefunden wurden, die jedoch nicht mehr im Gebrauch seien, vermutlich durch Mutationen außer Kraft gesetzt.“

Tilvera: „Und?“

Ónytjungur: „Nun, ich habe, wie du meiner Erzählung entnehmen konntest, durchaus Anlass zu der Vermutung, dass jene Gattung, die sich selbst die Eigenschaft eines vernunftbegabten Wesens zuschreibt, zwar für Vernunft begabt sei, allerdings größten Wert darauf lege, diese Begabung nicht zu nutzen, diese daher nun in solchen sogenannten Pseudogenen ungenutzt auf jenen Zeitpunkt harre, an dem es wieder opportun, Verständnis und Einsicht zu praktizieren, da sich mittlerweile über die Methode trial-and-error herausgestellt habe, dass erst diese beiden den Fortbestand der Gattung sicherstellen würden, und nicht – wie irrtümlich angenommen – jenes, was Intelligenz genannt, da diese ja nichts weiter als das Resultat aus vorhandener Gefolgschaften, und deren jeweiligem Diktat, welches Akzeptanz genannt.“

Tilvera: „Womit du eindrucksvoll für jedermann belegst, dass du kein vernunftbegabtes Wesen bist“.

Ónytjungur: „Was kein Schaden ist. Ermöglicht doch diese Eigenschaft uns Tröll, aufmerksam zu sein, und sich auf unseren Reisen Wirklichkeit erfahren zu können. Lass mich dich daher mit einem Vers willkommen heißen.“

Tilvera und Ónytjungur fassten sich bei den Händen, sangen ein Lied, und tanzten auf ihrem Stein:

„Hrörnar þöll
sú er stendur þorpi á.
Hlýrat henni börkur né barr.

Svo er maður
sá er manngi ann.

Hvað skal hann lengi lifa?“  1)

 

1) Anm.: Vers 50, „Hávámál og Völuspa“, Gísli Sigurðsson, Svart á Hvítu, Reykjavik 1986 , Übersetzung:

(50) „Die Kiefer verdorrt, die auf kahler Höhe steht,
Ihr nützt nicht Nadel noch Rinde.
So geht es dem Mensch, den niemand mag:
Was soll er lange leben?“

Abra Cadabra

troll-imadeWEB-1Ónytjungur: „Lass uns mit unseren Sprachübungen fortfahren. Oder ist dir die Lust an geheimnisvoll klingendem sinnlosen Geschwätz verloren gegangen, weil du möglicherweise abgehört wirst?“

Tilvera: „Keineswegs. Wie wäre es mit dem Unterschied zwischen Tätigkeitsform und Leideform? Verhält es sich bei diesen Formen doch so, dass die eine Form tätig beschreibe, wodurch ein Subjekt vonnöten, das durch tätige Handlung empfange, demnach untätig.“

Ónytjungur: „Es ist offensichtlich, dass für jede tätige Handlung ein Empfänger notwendig. Wie verhält es sich mit dem Gegenteil von tätig, mit untätig? Ist unterlassen nicht auch tätig, demnach handeln?“

Tilvera: „Auch unterlassen ist tätig. Tun und Unterlassen sind nur Mittel.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich bei reden und schweigen?“

Tilvera: „Auch reden und schweigen sind nur Mittel.“

Ónytjungur: „Worum-willen?“

Tilvera: „Einer Absicht folgend, einem Zweck dienend, um ein Ziel zu erreichen.“

Ónytjungur: „Und wo keine Absicht vorhanden? Ich frage nur, denn ich bin kein Scholastiker. Nicht von so genannten höherem Bildungswesen geprägt.“

Tilvera: „Jede Handlung wirkt sich auf den Handelnden unmittelbar selbst aus, sei diese nun Tun oder Unterlassen, sei diese mit Absicht, oder ohne diese. Ob einer das nun will, oder nicht will. Was soll deine Frage?“

Ónytjungur: „Es heißt, Handlungen würden sich aus drei Wirklichkeiten zusammensetzen, aus Mittel und Zweck, und einer Beziehung zwischen beiden solcher Art, dass diese Aussagen bereitstelle, ob das Mittel der Handlung dem Zweck entspreche oder nicht.“

Tilvera: „Ich verstehe immer noch nicht.“

Ónytjungur: „Wenn es so ist, dass Handlungen, also tun und unterlassen, nur dann Handlungen sind, wenn diese sich aus den genannten Wirklichkeiten zusammensetzten, wäre angesichts des Zustandes, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt, nicht danach zu fragen, welche Zwecke da eigentlich verfolgt wurden? Ich meine, bezogen auf reden und schweigen.“

Tilvera: „Die durch das Mittel reden und schweigen verfolgten Zwecke gehorchen den zugrunde liegenden Absichten.“

Ónytjungur: „Demnach beruht der Zustand, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt, allein auf Absicht. Wessen Absicht? Denn Absicht erfordere notwendig wenigstens einen, der Träger der Idee. Geht doch Idee jeder Absicht voraus, da Absicht ohne Idee nicht möglich.“

Tilvera: „Demnach fragst du nach den Ideen, die zu jenem Zustand führten, in dem sich die Welt im Augenblick uns beiden zeigt.“

Ónytjungur: „So ist es. Die durch das Mittel reden und schweigen verfolgten Ideen.“

Tilvera: „Wolltest du nicht über den Unterschied von Tätigkeitsform und Leideform sprechen?“

Ónytjungur: „So ist es. Diese Formen beziehen sich allerdings auf Sprache, demnach auf reden und schreiben, nicht jedoch auf schweigen. Nun gibt es neben Ideen auch noch Gedanken, und nicht jeder Gedanke ist Idee, es ist noch nicht einmal geklärt, ob Gedanken in Sprache stattfinden oder nicht. Oder ist dir die Frage unbekannt: Hast du den Gedanken, ehe du den Ausdruck hattest?“ Was könnte geantwortet werden? Und was auf die Frage: Worin bestand der Gedanke, wie er vor dem Ausdruck vorhanden war?“

Tilvera: „Erfolgten Gedanken in einer Sprache, wäre kein Aufwand erforderlich, das Erhaltene in adäquate Sätze zu quetschen. Wie wir beide wissen, ist es jedoch …“

Ónytjungur: „Und redete ich dann das in Sätze einer Sprache gequetschte, ist es dann so, dass ich erschaffen werde während ich rede, oder so, dass ich schaffe, während ich rede? Ich frage nur, denn das eine wäre ja die Leideform, das andere die Tätigkeitsform.

Tilvera: „Sowohl das eine, wie auch das andere.“

Ónytjungur: „Soso. Was konntest du feststellen auf deinen Reisen? Ich meine, in Bezug auf Sätze, die auf solche Art und Weise einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht?“

Tilvera: „Ich stellte fest, dass in den letzten tausend Jahren auf diese Weise Texte in solchem Umfang entstanden, dass bei genauer Betrachtung dieser Entwicklung in Summe ein exponentieller Verlauf zu konstatieren ist.“

Ónytjungur: „Wenn es so ist, dass Texte die Eigenschaft besitzen, Wissen herzustellen, so frage ich mich, wie es dann dazu komme, dass sich nach solch exponentiellem Verlauf aneinandergereihter Sätze, Texte, Bücher, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sich die Welt in dem Zustand befinde, in dem sie im Augenblick ist.“

Tilvera: „Es verhält sich so, dass schon während noch Satz an Satz zu reihen, diese zu Text verwebend, ungezählte Unterlassungen und deren Gegenteil geschehen, die noch unvollständigen Sätze den Fakten daher nur hinterher eilen, ohne diese jedoch jemals einholen zu können. Ziehen solche Texte dann auch noch bereits vorhandene Texte aus der Vergessenheit in die Erinnerung, im Glauben, darüber etwas am gegenwärtigen Zustand ändern zu können, so übersieht diese Handhabung die faktische Mitteilung, dass diese Texte vergessen wurden, da ihnen keine Beachtung in hinreichendem Maße zuteil wurde, und es einer gewissen Naivität bedarf, anzunehmen, dies werde sich nun anders verhalten.“

Ónytjungur: „Wie verhält es sich mit den Gegenständen, die auf solche Art und Weise einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht?“

Tilvera: „War vor Entwicklung der Medien wie Zeitung, Buch, Radio, TV und Internet die umgebende Welt für den darin sich Aufhaltenden noch nachvollziehbar, zeigt diese sich nun komplex. Wo vordem nur Wissen über unmittelbar umgebende Welt, trat die gesamte Welt, bzw. das, worüber Informationen – in welcher Form und zu welchem Zweck auch immer – her- und bereitgestellt. Mit dem Ergebnis, dass die gesamte Welt als eine solche aufgefasst, die durch solch selektierten Informationen beschrieben, damit als bereits vollumfänglich bzw. wenigstens hinreichend von breiter Masse beurteilt und angesehen.“

Ónytjungur: „Wird darüber nicht ein Irrtum herstellt, mit fatalen Folgen? Werden doch darüber Vorstellungswelten generiert, die einzig das Beschriebene als das Gegebene auffassen, und das Nichtbeschriebene als Nichtgegebenes, somit als irrelevant vernachlässigen, da es nicht beschrieben, auf welche Art und Weise auch immer.“

Tivera: „Das Problem ist, dass bei dieser Gattung in der Masse stets nur jener Gockel gehört wird, der am lautesten kräht.“

Ónytjungur: „Wäre dann nicht zu sagen, dass vordem aus unmittelbar umgebender Welt, die nur aus jenem sich zusammensetzte, was die jeweils unmittelbar umgebende Welt abwarf, sich hinreichender Sinn für jene ergab, die sich darin aufhielten? Wogegen der Sinn, den nun die Völker draußen in der großen Welt mit ihrem ganzen internationalen Denken im Bildungskoffer herstellen, sich einem nicht erschließe, es sei denn, einer gehe davon aus, so etwas erfülle bereits an sich einen Sinn, oder führe zu einem?“

Tivera: „Du vergisst, dass diese Entwicklung dazu führte, dass nun jeder ein Selfie machen kann, was vorher nicht möglich war. Was zur Vermehrung des Glücksgefühls beitrug.“

Begriff-Essentielles-Wesen-VergleichÓnytjungur: „Und wie geht es jenen, die deren Ansicht nach durch das Nichtbeschriebene hinreichend umrissen, und nun mit dem Modalverb soll bearbeitet? Ich meine jene, die auf solche Art und Weise selektierter Informationen von breiter Masse nicht erfasst, also die Nichtbeschriebenen? Wären diese dann nicht das Opfer jener Beweggründe, die dazu führten, dass eben diese Informationen aus der Vielfalt der Informationen entnommen, und nicht die sonst noch vorhandenen?“

Tivera: „Was nicht beschrieben, ist irrelevant, sonst wäre es ja beschrieben.“

Ónytjungur: „Und was wäre gewonnen, würden auch diese sich beschreiben? Ich frage nur, da du feststelltest, dass die Texte, die einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht, bereits einen solchen Umfang angenommen, dass bei genauer Betrachtung dieser Entwicklung in Summe ein exponentieller Verlauf zu konstatieren war.“

Tivera: „Nun, es wäre wenigstens geäußert. Vielleicht ließe sich darüber ein spezieller Dachschaden reparieren, von dem immer mehr Angehörige dieser Gattung befallen.“

Ónytjungur: „Von welchem Dachschaden redest du?“

Tivera: „Stell dir eine Promenadenmischung vor. Was würdest du sagen, wenn eine Promenadenmischung auf die Idee käme, sie sei eine ganz besondere Sorte, und gar keine Promenadenmischung, daher erhaltenswert wäre, sich abgrenzen müsse, koste es auch was es wolle, da sie keine Promenadenmischung werden wolle.“

Ónytjungur: „Dass diese Kreatur an einem erheblichen Dachschaden leidet. Was war die Promenadenmischung denn vorher, als sie noch keine Promenadenmischung war. Diese Kreatur hat vergessen, dass sie vorher nichts anderes war, als sie heute ist: ein Hund.“

Tivera: „Nun wäre anzumerken, dass ich nicht von der Gattung Hund spreche, sondern von einer anderen Gattung. Es leiden dort auch bei weitem noch nicht alle an solch einem Wahn, obschon festzustellen ist, dass der Anteil der davon Befallenen merklich zugenommen hat. Es ist davon zu hören, dass speziell solche davon befallen, die vor vielen Jahren aus Afrika einwanderten, die Wissenschaft hat da sieben Mütter ermittelt, und sich in Folge nun etwas darauf einbilden, etwas Besonderes zu sein, da sie mangels ausreichender Sonne mit der Zeit Farbstoffe verloren haben.“

Ónytjungur: „Nun, es reagieren nicht alle gleich auf mangelnde Sonnenbestrahlung der Haut. Vielleicht sollten die Befallenen mehr Fettfische essen. Hier essen sie Fettfische, wie du weißt, und mir ist hier noch keiner begegnet, der vom Wahn befallen wurde, er sei eine ganz besondere Sorte, und keine Promenadenmischung, er sich daher abgrenzen müsse, um keine Promenadenmischung zu werden, da er vergessen hat, dass er schon längst eine ist.“

Einsicht-und-Sinn
„Sinn“ und „Einsicht“

Tivera: „Und gäbe es hier einen solchen Trottel, so scheiterte er an der Tatsache, dass ihm hier das Vokabular nur „við“ anböte, also nur ein wir beide, was nur bei einem Dialog sinnvoll, und für obskure kollektive Vereinnahmung zum Zwecke kollektiver Ausgrenzung völlig untauglich.“

Ónytjungur: „Was sinnvoll ist. Denn nur in diesem Rahmen gilt, dass einer sowohl erschaffen wird, während er redet, als auch schafft, während er redet. Alles andere beschleunigt ja nur den exponentiellen Verlauf von Texten, die einer Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Haben die dort keine Dichter, so wie bei uns hier? Ich habe davon gehört, dass sich die Kreaturen, von denen du sprachst, sich nun auch noch für gebildet halten, nur weil ihnen irgendeiner bestätigte, sie hätten studiert, und sich daher nun für Real-Philosophen halten, als Gegensatz zu Abstraktions-Philosophen.“

Tivera: „Übersehen solche nicht, dass im Falle, sie sagen, es gebe eine theoretische und eine reale Philosophie, es nur so ist, als hätten sie gesagt, Philosophie ist das, was ich unter Philosophie verstehe, und nichts anderes?

Bothius-Übersetzung-Essenz-und-SubstratÓnytjungur: „Du weißt ja: Aus einem Buch kann kein Philosoph herausschauen, wenn ein Affe hineinschaut. Womit zu sagen wäre: Angenommen, dass alles, was wir beide bisher gesagt haben, nicht davon überzeugt, ein logischer Beweis zu sein, dann ist es nur fair zu sagen, dass die Frage eine ist, in der wir uns einig darin sind, uns unterscheiden zu müssen.“

Tivera: „Du bist aber heute wieder sehr unhöflich.“

Ónytjungur: „Der Unterschied zwischen höflichen und freundlichen Wesen ist, dass freundliche Wesen niemals höflich sind, und höfliche Wesen niemals freundlich.“

Tivera: „Denn sind sie freundlich, brauchen sie nicht höflich sein, und sind sie unfreundlich, beinhaltet höflich ohnehin nur eine faustdicke Lüge.“

Ónytjungur: „Sie soll Zeichen für Respekt und Anstand sein, so ist zu lesen.“

Die wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft

troll-imadeWEB-1Tilvera: „Es gibt in der Demokratie keine Ohnmacht. Die menschliche Macht kann von Menschen gebrochen werden, durch den Aufstand des Gewissens, durch die Zivilgesellschaft.“

Ónytjungur: „Will der Mensch nichts sagen, bedient er sich nichtssagender Begriffe. Und da kennzeichnendes Merkmal von Gesellschaften deren Vorliebe für Geschwätz ist …“

Tilvera: „Ich habe keine nichtssagenden Begriffe verwendet.“

Ónytjungur: „Interessant. Und was habe ich mir beim Gebrauch der Worte Demokratie, Gewissen und Zivilgesellschaft vorzustellen?“

Tilvera: „Demokratie ist die Herrschaft des Volkes, Zivilgesellschaft ist die wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft, und das Gewissen wird als eine besondere Instanz im menschlichen Bewusstsein angesehen, die bestimmt, wie man urteilen solle.“

Ónytjungur: „Und du glaubst, deine Aussage wird besser, indem du weitere nichtssagende Begriffe hinzufügst? Und ist Gewissen nicht das Gefühl der inneren Ruhe oder Unruhe, das in das Bewusstsein tritt, wenn eine vorgehabte, begangene oder unterlassene Tat im Einklang oder Widerspruch zu einem moralischen Grundsatz steht, der für denjenigen verbindlich ist?“

Tilvera: „Ich hatte immer noch keine nichtssagenden Begriffe verwendet.“

Ónytjungur: „Interessant. Und was habe ich mir beim Gebrauch der Worte wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft und menschlichem Bewusstsein vorzustellen?“

Tilvera: „Natürlich die westliche Zivilgesellschaft.“

Ónytjungur: „Dir ist aufgefallen, dass du dich nun im Kreis bewegst?“

Tilvera: „Weil ich Synonyme verwende?“

Ónytjungur: „Keineswegs. Weil du Behauptung mit Wirklichkeit verwechselst.“

Tilvera: „Und was wäre deiner Ansicht nach dann Wirklichkeit?“

Ónytjungur: „Nun, Wirklichkeit wäre zum Beispiel der Satz von Albert Einstein, dass Wissenschaft ohne Religion lahm ist, und Religion ohne Wissenschaft blind.“

Tilvera: „Und was wäre deiner Ansicht nach dann Behauptung?“

Ónytjungur: „Dass es sich bei der westlichen Zivilgesellschaft um eine wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft handle.“

Tilvera: „Du erzählst mir, dass deine Intelligenz sich noch nicht derart umfangreich entwickelt habe, um den Zusammenhang zwischen der Aussage eines Wissenschaftlers und den Aussagen einer wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft herzustellen?“

Ónytjungur: „In der Tat. Denn eben jene wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft war und ist es, die nicht nur gegen den Willen dieses Wissenschaftlers nukleare Bomben herstellt, vorhält und einsetzt, sondern es darüber hinaus auch noch als völlig normal und legal ansieht, dass sie selbst und jeder andere Mensch auf der Welt von ein paar Scharlatanen jederzeit umgebracht werden dürfe, wann immer es jenen gefiele, und zwar in einem solchen Umfang und Ausmaß, dass diesem gegenüber die Grausamkeiten der Barbaren des Altertums nur jämmerliche Fingerübungen waren. Sofern ich mich recht erinnere, nennen sie es evolutionären Humanismus, an dem die Menschheit genese.“

Tilvera: „Was kein Schaden ist, denn wie ich eingangs schon sagte, gibt es in der Demokratie keine Ohnmacht, da die menschliche Macht von Menschen gebrochen werden könne, durch den Aufstand des Gewissens, durch die Zivilgesellschaft.“

Ónytjungur: „Ist es nicht so, dass der Mensch immer erst genau dann auf eine theoretisch bestehende Möglichkeit hinweist, nachdem er erfolgreich zum Ideologen degenerierte?“

Tilvera: „Du willst abstreiten, dass menschliche Macht von Menschen gebrochen wurde?“

Ónytjungur: „Wo denkst du hin. Aber zu verbreiten, das auslösende Motiv wäre jemals der Aufstand des Gewissens einer Zivilgesellschaft gewesen, dazu bedarf es erst der Fähigkeit, ein Ideologe sein zu können.“

Tilvera: „Und was ist deiner Ansicht nach ein Ideologe?“

Ónytjungur: „Im neutralen Sinne handelt es sich bei einem Ideologen um einen Dummkopf, der das durch eine Schießscharte Dargebotene für eine wichtige Weltanschauung hält.“

Tilvera: „Du vergisst den vorhandenen Intellekt.“

Ónytjungur: „Eben nicht. Denn Intellekt und Wir-Gefühl sind disjunkte Konzepte. Gemeinsam ist beiden, dass ihnen die Abwesenheit des jeweils anderen notwendig.“

Tilvera: „Demokratien werden erst durch Zusammenwirken von Wir-Gefühl und Intellekt möglich.“

HalbierterBaum
In wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaften endet Arete spätestens bei einem überhängenden Ast

Ónytjungur: „Nun, das erklärte, aus welchem Grund es in der westlichen Zivilisation sogar nach mehr als zweitausend Jahren immer noch keine einzige Demokratie gibt.“

Tilvera: „Und um welche Gebilde handelte es sich dann deiner Ansicht nach?“

Ónytjungur: „Folge ich wieder dem Wissenschaftler, in diesem Falle dem Stagiriten, der den Begriff Demokratie einführte, dann ist mit dem Wort Demokratie die Herrschaft jener bezeichnet, die von Arete geleitet werden, also von Tapferkeit, Großzügigkeit, Freigebigkeit, Gerechtigkeit und Besonnenheit. Es dürfte auch dir bekannt sein, dass die Grenzen von Tapferkeit, Großzügigkeit, Freigebigkeit, Gerechtigkeit und Besonnenheit keineswegs Landesgrenzen und Grundstücksgrenzen sind und wirst mir sicherlich hier nicht erzählen wollen, dass unter jenen Gebilden, die du als Demokratien bezeichnest, sich auch nur ein einziges Exemplar befinde, welches sich auf den vom Stagiriten aufgezählten identifizierenden Merkmalen gründe und danach handle.“

Tilvera: „Das nicht, aber was sollten diese Gebilde dann sonst sein?“

Ónytjungur: „Es verhält sich auch hier so wie bei dem Satz von Einstein, und jenem, was die sogenannte wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft in Folge daraus formte. Hier nun ist das Resultat jenes, dass diese Gebilde sich nur deshalb zu gerne als Demokratie ausgeben, um nicht bekennen zu müssen, dass es sich um reine Diktaturen handle. Der Unterschied dieser Gebilde zu einem solchen, das als Diktatur angesehen, zeigt sich einem einzig in der Anzahl der darin agierenden Diktatoren.

Möglicherweise handelt es sich dabei um eine spezielle Form einer anthropologischen Konstanten, die bei wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaften auftritt, und die dazu führt, dass der mit Intelligenz ausgestattete Mensch genauso gerne negativ konnotierte Wörter durch positiv konnotierte ersetzt, wie er sich positiv konnotierter Wörter bemächtigt, um durch diese die Wirklichkeit fortgesetzter Schäbigkeit kaschieren zu können. In der erstgenannten Richtung dürfte es wohl unschädlich sein, denn keiner stellte sich bei dem Wort Entsorgungspark etwas anderes vor als eine Mülldeponie. Geschieht solches aber in umgekehrter Richtung, wird es jedoch gefährlich, denn als Ergebnis wäre darüber erzwungen, dass vergessen wird, was mit dem Wort Demokratie  bezeichnet.“

Tilvera: „Das würde bedeuten, dass einer Diktatur nur Demokratie zu nennen brauche, da dies dazu führe, dass keinem mehr möglich sei zu erkennen, was Demokratie ist.“

Ónytjungur: „Dem Diktator ist seine Diktatur stets eine Herrschaft des Volkes.“

Tilvera: „Du vergisst das Wir-Gefühl.“

Ónytjungur: „Du meinst jenes Gebaren, welches darauf ausgerichtet ist, die Leute dazu zu konditionieren, dass sie einen unterstützen? Führt dies am Ende nicht zur Entstehung von so etwas wie einer gesellschaftlichen Gruppe, die das Stammesverhalten verstärkt, aber das Wissen verdummt?“

Tilvera: „Es gibt Schlimmeres.“

Ónytjungur: „Und aus welchem Grund heraus erinnert mich dieses  Argument an das Argument jenes Jungen, der darauf bestand, dass an ihm die Welt zu genesen habe, denn immerhin habe er den Klassenkameraden nur bestohlen, und ihn nicht auch noch verprügelt wie der andere?“

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frLa société de l’information basée sur la science