Ein Reisender begleitete seinen Sohn zum Flughafen. Der Fahrgast neben ihm – dieser war dem Ornat nach ein Ordensbruder und seiner Aussage zufolge als Missionar nach Kasachstan unterwegs, um neue Schäfchen durch Almosen zu gewinnen, ergriff die Gelegenheit, dem Vater-Sohn-Gespräch mit hilfreichen Sätzen beizuwohnen. Zu guter Letzt stellte er die Gretchenfrage: „Bist du ein Christ?“
Worauf der Vater antwortete:
„Du stellst eine Frage, auf die es keine Antwort gibt. Denn stelltest Du die Frage über mich dem Einen, so antwortete dieser mit ‚Ja‘. Und stelltest Du dieselbe Frage über mich einem Anderen, so antwortete dieser mit ‚Nein‘.
Der Grund ist darin zu finden, dass beide Lügner sind. Denn die Antwort kennt nur die Letztbegründung allein, und diese antwortet niemandem.
Du hättest mich auch fragen können, ob ich Moslem oder jüdischen Glaubens bin. Die Antwort hätte nur dieselbe sein können.“
Es steht wohl mittlerweile außer Zweifel, dass sich alle Lebewesen stets auf die eine oder andere Weise unterhielten. Der Fortschritt der Untersuchungen ist bereits weit fortgeschritten und es liegen nun auch Berichte namhafter Wissenschaftler vor, welche die Kommunikation auch bei Walen, Tintenfischen, etc. nachweisen.
Es wurde auch längst festgestellt, dass Lebewesen Zeichen nichtverbaler Form zur Kommunikation entwickelten, zum Beispiel die nicht übersehbaren Markierungen der Gattung Hund, mit welchen diese ihr Revier markieren. Doch es ist nicht nur die Gattung Hund, welche mit nonverbalen Zeichen kommuniziert und es fanden sich bei anderen Tiergattungen bereits fortschrittlichere Formen als jene, einfach ein Bein zu heben.
Auch das Ereignis, dass Gattungen in Verbänden zur Zusammenarbeit neigen, um Probleme zu lösen, welche sie als einzelnes Individuum nicht lösen könnten, ist hinlänglich bekannt, vom Wolfsrudel bis zu den Orcas, welchen es erst gemeinsam gelingt, eine auf eine Eisscholle geflüchtet Robbe wieder herunter zu schubsen.
So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Gattung Homo sapiens eines Tages die Idee entwickelte, ihre verbale Kommunikation, also die Laute, auf Schriftzeichen zu übertragen, sich darüber zu einigen, welches Schriftzeichen welchem Laut entspreche und welche Zusammensetzung von Schriftzeichen welche Bedeutung habe, womit die Wiege sowohl für Information, als auch für Poesie und Meinungsfreiheit gelegt.
Jedoch ist auch für jedermann nachvollziehbar, dass Worte alleine nicht genügen, um eine Aussage zu formen, solcherart Zusammenrottungen einmal ausgenommen, welche im übelsten Fall nur das Wort „Feuer!“ benötigen, um mitzuteilen, dass dieser Mensch da nun exekutiert werden solle, oder auf der anderen Seite jene Bergsteiger, welche beim Klettern in den Bergen „Egon!“ rufen, um den Kletterkameraden vor Steinschlag zu warnen.
Was notgedrungen dazu führte, eine Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass auch Zusammenhänge mitgeteilt werden können, womit auch die Geburtsstunde der Grammatik geschlagen hatte.
Sollte es jemals so etwas wie eine „Schwarmintelligenz“ gegeben haben, dürfte diese wohl in den Ausgestaltungen der diversen Grammatiken der unterschiedlichsten Gemeinschaften liegen, welche sich damals vermutlich auch nicht über die hierzu erforderliche Konstruktion dieser oder jener Grammatik austauschten, da voneinander nichts wissend. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass diese vom Interesse geleitet war, welche Zusammenhänge denn nun von allgemeinem Interesse wären und welche nicht. Im Groben ließe sich dazu feststellen, dass über alle Völker mehr oder weniger ein Interesse daran vorhanden war, Fragen von Antworten zu unterscheiden, zeitliche Abfolgen darzustellen, den Objekten Eigenschaften zuordnen, Schlussfolgerungen aufstellen zu können, und was da noch so an gemeinsamem Interesse mehr vorhanden.
Bei all diesen Konstruktionen stolperte man mehr oder weniger genussvoll über den sogenannten „Genus“, will sagen „Gattung“ oder „Geschlecht“, so als ob „Gattung“ und „Geschlecht“ synonym wäre. Naja, die Griechen vermutlich mal wieder. Nun wäre dieser winzig kleine Partikel in den diversen Grammatiken keineswegs erwähnenswert, da die meisten der seitdem „maskulin“ und „feminin“ genannten Wörter ohnehin gar kein biologisches Geschlecht aufweisen – oder kenne da womöglich doch einer das Geschlecht von Stein und Erde -, in einigen Genus-Systemen die Zuordnung der Genera zu den Substantiven sogar gleich vollständig unerheblich war und daher zum Beispiel mit dem Füllsel „the“ ausgefüllt wurde, aber – was soll‘s.
Die kyrillische Schrift verzichtete gleich vollständig auf den Artikel und löste das Problem, indem der letzte Buchstabe eines Nomens den Genus bestimme: war es ein Konsonant, dann war das Objekt maskulin, war es der Vokal „a“, dann war es der Genus „feminin“. Das heißt, nicht vollständig: So wird der Kompaniefeldwebel im Russischen „старшйиа“ („starschina“ mit scharfem „s“ zu Beginn, stimmhaften „sch“ in der Mitte und Betonung in der letzten Silbe mit „a“) genannt, allerdings trägt dieser auch den Titel „Mutter der Kompanie“.
Im Deutschen wurde noch das Neutrum hinzugenommen, allerdings auch nicht unbedingt sehr konsequent. Dem Frosch wurde der maskuline Genus zugewiesen (vermutlich handelt es sich seitdem bei dem lauten nächtlichen Quaken um den Protest der Fröschinnen) , die Schwalbe wurde feminin (seltsam, hat sich schon eine Schwalbe darüber beschwert?), die Kuh und der Ochs waren zufrieden (der Ochs?) und dem Schaf war das alles einerlei.
Im Arabischen war man gewillt, unterscheiden zu können, ob sich da nur Männer zusammenrotteten, nur Frauen sich ein Stelldichein gaben, oder es sich um eine Mischpoke handelte.
Noam Chomsky, mittlerweile emeritierter Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT), der großes Interesse an Sprachwissenschaft zeigte, verknüpfte dann die Wissenschaftsdisziplinen Linguistik, Kognitionswissenschaft und Informatik im Rahmen seiner Untersuchungen von formalen Sprachen zu einem Versuch einer Universal-Grammatik. Nun denn, damit waren der Compiler und die Automatentheorie geboren, welche heute die Grundlage bilden für so manchen groben Unfug, welcher einem so im Laufe des Lebens an diesen neuen Geräten zur Kommunikation angeboten werden, wie zum Beispiel dieser Text. Nichts als Algorithmen, an welches Gerät sich einer auch aus Not oder Interesse an Entertainment wenden mag. Was die Frage aufwerfe, wie denn nun den Algorithmen beizubringen wäre, diesen Genus korrekt abzubilden und dies noch mittels der bescheidenen Mittel, welche dafür ausschließlich zur Verfügung stehen, der Null und der Eins.
Nun, wie wäre es damit, andere Erklärungsebenen zu bemühen, zum Beispiel die Feststellungen eines alten Philosophen, welcher zwei Methoden anwandte, die analytische und die zusammensetzende Methode:
„Es scheint sich nun das Beseelte vom Unbeseelten vor allem durch zwei Dinge zu unterscheiden: Durch Bewegung und durch Wahrnehmung.“ [403b16]
Ein weiterer Philosoph griff diese Erkenntnisse auf, und entwickelte daraus drei Stufen auf Grundlage derer vorhandenen Funktionen, wobei die folgende Stufe auf den Funktionen der vorherigen Stufe aufbaue: die vegetativen Gattungen, die tierischen Gattungen und die menschliche Gattung. Die Funktion der vegetativen Gattungen beschränke sich auf das Wachstum, die Ernährung und die Zeugung. Die Funktion der tierischen Gattung sei es, Einzelheiten wahrzunehmen und die willentlichen Bewegungen umzusetzen. Die Funktionsart der menschlichen Gattung, d.h. die Vernunft, werde aus der willentlichen Entscheidung erzeugt.
Wozu sollte sich folglich auf der Stufe drei sich einer darüber den Kopf zermartern, weil die alten Griechen noch nicht den Unterschied zwischen Gattung und Geschlecht kannten – Athene soll ja der Orestes-Sage nach dem Kopf des Zeus entsprungen sein -, und nun irgendjemand die steile These auf den Tisch knallte, es sei das sprachliche Element des Genus, welches unsägliches Unheil über die Menschen brächte und keineswegs deren Gesinnung, welche bekanntlich ja keineswegs aus dem Genus entstand – im anderen Fall hielten diese ja alle Frösche für Männer, alle Schwalben für Frauen und beim Schaf gäbe es weder das Eine noch das Andere – , kurz: sich mit dem Disput um korrekte und falsche Zuweisungen zu beschäftigen und damit wertvolle Zeit zu verlieren, die dazu geschaffen, zum Beispiel ein Gedicht von Sigurður Pálsson zu lesen, das von Erkenntnissen getragen wurde, wunderschön ins Deutsche übersetzt von Wolf Kühnelt, veröffentlicht im Jahr 1986 in der Ausgabe 143, 31. Jahrgang, Band 3 von „die horen“ (ISSN 0018-4942) :
„Auf der Straße des Gedichts
Laß uns eine Spritztour machen hinaus auf die Straße des Gedichts Weg von hier ja weit weg von der zitternden Einsamkeit in beißender Kälte auf der leergefegten Hauptstadtbühne dieser berstenden Kleinbürgerhölle
Ich werde dich mit Worten streicheln vor allem aber weg von hier aus der Hölle der Konsumpflicht der Apathie ewigen Widerkäuens dem Gift der Zeitungssuppe
Ja laß uns einen Ausflug machen auf die Straße des Gedichts Weg von der Schmeichelei der Unkritischen Der Monotonie der Wortfaulen Der Heuchelei der Sitzungssüchtigen Selbstunterdrückten und sich selbst belügenden Unterdrücker
Weg von hier jetzt und sofort hinaus auf die Straße des Gedichts Brechen wir nach und nach alle Brücken ab verlassen wir der Gletscherflüsse beständige Gefahren Wandern wir zusammen auf dem Gedichtsweg suchen wir und was wir finden ist unser Fund und nicht die vorgeschobene Wahrheit der Risikoscheuen
Weg von hier jetzt und sofort ! Von der Monotonie ungefährlicher Scheingefechte Von der Monotonie selbstgefälliger Unveränderlichkeit Von der Monotonie abgesicherter Wahrheitskommoden
Hinaus auf die Gedichtswege laß uns gehen alles steht auf dem Spiel Eigentum und Wissen und Programme Kopf und Kragen
Aber vergiß nicht: das was wir finden ist unser Fund“
“Jede Politik, auf welche Ideologie sie sich sonst auch berufen mag, ist verlogen, wenn sie die Tatsache nicht anerkennt, dass es keine Vollbeschäftigung für alle mehr geben kann und dass die Lohnarbeit nicht länger der Schwerpunkt des Lebens, ja nicht einmal die hauptsächlichste Tätigkeit eines jeden bleiben kann.” (André Gorz, Sozialphilosoph)
Gegenwart wie Vergangenheit belegen unübersehbar, dass die Analyse von André Gorz gründlich und solide ist. Mit dem einst von der EZB in Umlauf gebrachten Begriff Helikopter-Geld steht endgültig der Kaiser für jeden sichtbar ohne Kleider da, die Extrapolation von André Gorz wird bestätigt: “Eines Tages muss sich der Kapitalismus seine Kunden kaufen, indem er Zahlungsmittel umsonst verteilt“.
Es wurde öffentlich, dass nicht der sogenannte Arbeitgeber es ist, der für Erwerbsarbeit sorgt, sondern der Verbraucher, denn der Verbraucher schafft Erwerbsarbeit, der sogenannte Arbeitgeber nur dann, wenn sie sich nicht vermeiden lässt.
Dazu wäre aber die Ausschüttung von Helikopter-Geld gar nicht erforderlich, es genügte schon, wenn die Gesellschaften damit aufhörten, auch noch Steuern auf das Existenzminimum zu erheben, also auf jenen Notbedarf, um physisch überleben zu können. Von einer Gesellschaft, die sich einverstanden zeigt, dass selbst auf den Mangel Steuern erhoben werden, ist jedoch weder zu erwarten, dass sie exakte und präzise Analysen davon abhalten könne, weiterhin eloquenter Unlogik von Rosstäuschern nachzulaufen, noch dass sie jemals das einst für alle gültige natürliche Recht auf Nahrung und Unterkunft wieder in Kraft setzen werde. Sie dürfte darauf beharren, das Problem sei mit der Schaffung von Arbeitsanreizen lösbar, obschon vom Arbeitsanreiz kein armutsbekämpfender Effekt zu erwarten ist, wenn es nicht ausreichend Arbeitsplätze gibt. Arbeitsanreiz produziert keine Arbeitsplätze, Verbrauch hingegen schon.
Die Schweizer stimmten am 5. Juni 2016 darüber ab, ob sie ein sogenanntes bedingungsloses Grundeinkommen einführen wollen oder nicht. Bei diesem Terminus handelt es sich um nichts Geringeres als um sehr alten Wein, um das natürliche Recht auf Nahrung und Unterkunft, das einst jedem Einzelnen von der Gemeinschaft gewährt wurde, da es noch als grober Unfug galt, dieses natürliche Recht etwa zur Disposition stellen zu wollen. In jener Zeit wurde gejagt, gesammelt, das Feld bestellt, und die Früchte dieser Arbeit – da dies selbstverständlich war – mit jenen geteilt, die aus verschiedenen Gründen nicht jagen, sammeln, oder das Feld bestellen konnten. Aber in jenen Zeiten hatten die so Werktätigen auch nur das Nötig-ste, und nicht darüber hinaus. Nur wer schmeckt kennt den Geschmack. Jenseits dessen ist nur Gefasel.
Es ist das Verdienst von Kurt Tucholsky, bereits im Jahr 1919 auf eine entartete Spezies der gens humana hingewiesen zu haben, die in Folge als das deutsche Phänomen Radfahrerprinzip das verfügbare Vokabular um ein Wort erweiterte, welches das typische, opportunistische Verhalten des autoritären Charakters bezeichnet. Carl Zuckmayer legte 1931 dann das Prinzip seinem Hauptmann von Köpenick in den Mund: “Das ist ein Radfahrer. Nach unten tritt er, nach oben buckelt er“. Es wird verständlich, aus welchem Grund einer, der endlich selbst oben angekommen ist das nach-oben-Buckeln der anderen einfordert, und unfähig bleibt, nicht nach unten zu treten.
So ist nicht verwunderlich, dass in Deutschland ein Ministrant mit Jo-Jo-Effekt, ein Einzelhandelskaufmann, der sich gerne mit den Statussymbolen Bierflasche und Zigarre umgab, und ein Straftäter, dessen Straftaten zu jenem Zeitpunkt noch unentdeckt waren, sich fragten, ob der deutsche Arbeitslose weiterhin in einer Hängematte auf Mali liegen darf, und dort faulenzend vom Geld des arbeitenden Volkes lebt. Denn dass dem so sein müsse, hatte schließlich kein geringerer als ein Messdiener behauptet, nach seinem Studium der Philosophie, Germanistik, Geschichte und Theologie.
Ist einer unten, ist es ausgesprochen schwierig, ja sogar unmöglich, nach unten zu treten. Es sei denn, es werde ein noch zu bestimmendes Unten aus dem Unten herausgenommen, was dazu führt, dass jene, die unten sind, wieder etwas unter sich haben, wonach sie treten können. Dass dies gelingt, dafür sorgen entsprechende Substantivierungen wie Juden, Zigeuner, Arbeitslose, Asylanten, etc., und sollten diese Wörter noch nicht genug Reizwirkung entwickeln, kann noch einer draufgesattelt werden, wie z. B. Wucherer, Wirtschaftsflüchtling, Sozialschmarotzer, etc. Im Übergang vom Einzelschicksal zur amorphen Menge befreit sich der Mensch zwingend von möglichem Wissen, entledigt sich erleichtert wahrnehmbarer Qual, phantasiert sich der Ungerechte erfolgreich in die Rolle des Gerechten. Denn je umfassender die Ahnungslosigkeit, umso umfangreicher der Beifall.
Gesellschaften, die von sogenannten wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaften primitive Gesellschaften genannt werden, kamen zu keiner Zeit auf die abstruse Idee, negatives Unrecht gegenüber einer Vielzahl als Ultima-ratio auszugeben, um darüber ein positives Unrecht gegenüber einem geringen Bodensatz zu minimieren. Es fehlten dort die notwendigen Zuchtmeister der Zivilisation, der Apostel Paulus und Adolf Hitler, die da lehrten: “Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!“
Das bis dahin praktizierte natürliche Recht jedes Einzelnen auf Nahrung und Unterkunft wurde seitdem davon abhängig gemacht, ob jener arbeite oder nicht. Selbstverständlich betrachteten beide Zuchtmeister ihre eigene Tätigkeit als Arbeit. Der eine sah seine eigene Arbeitsleistung darin, zahllose Briefe zu schreiben und zu reden, der andere darin, Millionen von Menschen in den Tod zu schicken.
Nun verhielt es sich bei dem bis dahin praktiziertem natürlichen Recht jedes Einzelnen auf Nahrung und Unterkunft so, dass die Menschen damals noch über das Wissen verfügten, dass es Arbeit geben kann oder nicht, und dass darüber hinaus es auch einleuchtende Gründe dafür geben könne, dass einer keiner Arbeit nachgehen kann, obschon Arbeit vorhanden wäre. So dass sie gar nicht auf die Idee kommen konnten, dass jener, der nicht arbeite, auch nicht essen solle.
In Deutschland ist das deutsche Bundesfinanzamt bemüht, in seinem Museumsführer die 5.000 jährige Geschichte der Steuern aufzuzeigen: “Mit dem Zehnt fing es an”. Was das Bundesfinanzamt in Deutschland dabei verschweigt, ist nicht nur die Tatsache, dass dies gar nicht zutrifft, sondern auch, dass heute sogar bei den Geringverdienern es bei der Hälfte des Erworbenen immer noch nicht aufhört, da zu den Sozialversicherungsbeiträgen und direkten Steuern auch noch zahllose indirekte Steuern und Gebühren hinzukommen. Zudem handelte es sich bei der ca. 2.500 Jahre alten Idee des Zehnt der Israeliten um eine Abgabe, die das natürliche Recht jedes Einzelnen auf Nahrung und Unterkunft für Ausländer, Witwen, Waise, etc. sicherstellen solle, es war auch Konsens, dass dieser nur hierfür verwendet werde, wobei die Leviten nur ein Zehntel dieses Zehntel davon behalten durften, demnach 1 Prozent.
In Folge übernahm der Klerus des Christentums die Idee des Zehnt, und widmete ihn 722 nach Chr. um: “Aus den Einkünften der Kirche und den Opfergaben der Gläubigen soll er vier Teile machen: Einen davon soll er für sich behalten, den zweiten unter den Geistlichen verteilen, entsprechend ihrem Eifer in der Erfüllung ihrer Pflichten, den dritten Teil soll er an die Armen und Fremden geben, den vierten soll er aber für den Kirchenbau zurücklegen.” Ab da behielten die europäischen Leviten Dreiviertel des Zehntel, demnach blieben für den ursprünglich angedachten Zweck nur noch 2,5 Prozent.
Erst die “Bill of Rights” ermöglichten, dass sich die Gemeinschaft auch nicht mehr um die Schwerkranken zu kümmern brauche. Was dazu führte, dass heute in den Vereinigten Staaten etliche Ärzte und Krankenpersonal in Eigeninitiative jeden Sonntag sich in ihrer Freizeit in Krankenhäusern treffen, um jene unentgeltlich durch Behandlung und Operationen zu retten, die sich keine Krankenversicherung leisten können. Da diesen Menschen mit deren Eigeninitiative aber keine Einnahmen daraus entstehen, kann es sich bei dieser Tätigkeit – folgt einer der neuen Definition von Arbeit, dass nur Erwerbsarbeit Arbeit sei – nicht um Arbeit handeln.
Der Satz von Paulus und Hitler, dass wer nicht arbeite auch nicht essen solle, führte notgedrungen zur Bedürftigkeitsprüfung, wobei Arbeit nur dann als Arbeit zu gelten habe, falls diese Erwerbsarbeit. Nach dieser Definition ist folglich die Tätigkeit, Millionen Menschen in den Tod zu schicken, eine Arbeit, während Menschen durch Behandlung und Operationen vor dem Tod zu retten, keine Arbeit sei. Denn für die eine Tätigkeit wurde Entgelt gezahlt, für die andere nicht.
Nun wäre sicherlich nichts gegen eine Bedürftigkeitsprüfung einzuwenden, könnte über diese verhindert werden, dass sich einer auf Bali in die Hängematte lege anstatt zu arbeiten. Wobei zu fragen wäre, aus welcher Quelle denn die Behauptung sich speise, ein bedingungsloses Grundeinkommen werde dazu führen, dass sich einer auf Bali in die Hängematte lege anstatt zu arbeiten. Haben doch eine Reihe von Feldstudien zwischen 1969 und 1982 dies nicht bestätigt. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen und dokumentiert, dass bei unbedingtem Grundeinkommen unter existenzsichernden Bedingungen allein erziehende Mütter ihre Arbeitszeit zwischen 12 und 28 Prozent verringerten, während die meisten Männer einfach wie vordem weiterarbeiteten. Dafür sank die Scheidungsrate signifikant, und auch die Schulergebnisse von Kindern der Versuchsgruppe änderten sich: “Verbesserungen der Resultate in Lese-Tests waren für Schüler vom vierten bis zum sechsten Schuljahr statistisch bedeutsam. Die Lesefähigkeit dieser jüngeren Kinder stieg also merkbar. Für ältere Schüler vom siebten bis zum zehnten Schuljahr wurden hingegen keine positiven Effekte gemessen. Je länger eine Familie schon der Experimentiergruppe angehörte, desto größer waren auch die zu erwartenden Fortschritte ihrer Kinder in der Schule. Bei Schülern aus den ärmsten teilnehmenden Familien (mit der größten Transfersumme) wurden die stärksten Verbesserungen registriert. Sie profitierten somit am meisten von der höheren Einkommensgarantie. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche aus armen Familien unter einem solchen Programm die obligatorische Schulpflicht (10 Jahre) erfüllen, ist um 20% – 90% größer als die Chance für ihre Altersgenossen aus der Kontrollgruppe.”
Der Vergleich aus Mehrausgaben, da ein minimaler Teil daraufhin seine Arbeitszeit verringerte, mit den Einsparungen, die aus geringerer Scheidungsrate und bessere Schulergebnisse der Kinder resultiert, unterblieb aus nachvollziehbaren Gründen. Es bestand die Gefahr, dass nachgewiesen worden wäre, dass das bedingungslose Grundeinkommen die Allgemeinheit billiger kommen würde als die Fortsetzung der bisherigen Praxis. Sind doch bei genauer Analyse 32,3 % der Sozialhilfeempfänger Kinder unter 15 Jahre, 37 % Jugendliche unter 18 Jahre alt, 8,4 % Alleinerziehende, die auch beim Empfang von Sozialhilfe nicht arbeiten müssen, solange sie ein Kind unter drei Jahren oder zwei Kinder unter 7 Jahren betreuen, 9,7 % über 60 Jahre alt und 4,7 % wegen Krankheit, Behinderung und Arbeitsunfähigkeit Empfänger von Sozialhilfe. Das wären dann 92 %, die dem Arbeitsmarkt gar nicht zur Verfügung stehen können, und zwar unabhängig davon, ob diese ein bedingungsloses Grundeinkommen erhielten, oder nicht.
Nun wäre die Modernisierung des Menschseins, die ein Wanderprediger und ein Verbrecher mit dem Satz ermöglichten, dass der nicht essen solle der nicht arbeite, nur auf deren Anhänger beschränkt, hätte da vor 200 Jahren nicht auch noch einer, der sich selbst als Philosoph auffasste, sich lieber in diversen Pubs herumgetrieben und sich an seinem Pint festgehalten, statt die Vorlesungen zu besuchen. Was zu vermuten ist, angesichts des als “falsche Dichotomie” längst bekannten Fehlschlusses, den die Lenker der Nationen dann in Folge für ihre Zwecke für einen brauchbaren hielten: “Was ist bedeutsamer: das allgemeine, gesellschaftliche Glück oder das persönliche, individuelle Glück?”
Ein Satz ist dann par elegance, wenn ihm gelingt, erfolgreich ein Entweder-oder als die einzigen zwei möglichen Alternativen durchzusetzen, wo ein Entweder-oder gar nicht existiert, und dies keinem auffällt. Ist ein Bestandteil des Satzes dann auch noch das Ergebnis einer falschen Übersetzung, ohne dass dies einem auffällt, ist der Schwachsinn vorprogrammiert. Hätte der Philosoph ein wenig mehr seine Nase in die philosophischen Texte statt in das Bierglas gesteckt, hätte er entdeckt, dass die mit dem Wort Eudaimonia verbundene Vorstellung nichts mit der Vorstellung gemein hat, die mit dem Wort Glück assoziiert wird. So ist ihm auch noch dieser Satz entgangen:
“Was aber die Eudaimonia sei, darüber streiten sie, und die Leute sind nicht derselben Meinung wie die Weisen. Jene (die Leute) nämlich verstehen darunter etwas Sichtbares und Greifbares, wie Lust, Reichtum oder Ehre; und der eine dies, der andere jenes, oftmals auch ein und derselbe Verschiedenes: wenn er krank ist, so meint er die Gesundheit, wenn er arm ist, den Reichtum.”
Womit Adam Smith das Urteil über sich selbst sprach: Ich bin Leute. Und wurde der Initiator der Ideologien Kapitalismus und Kommunismus. Nun streiten sich die Gelehrten, ob Pest oder Cholera zum allgemeinen, gesellschaftlichen Glück und persönlichen, individuellen Glück führe.
Unter den Begriffen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung wird das Phänomen behandelt, dass diese nicht identisch sind, also wie einer sich selbst sieht, und wie andere diesen sehen. Die Psychologen beschäftigen sich aus der Perspektive der Fremdwahrnehmung daher mit der Illusion der Selbstwahrnehmung. Vielleicht wird eines Tages auch die Illusion der Fremdwahrnehmung Gegenstand einer Betrachtung, also wie einer in seiner Selbstwahrnehmung die anderen sieht, und was die Gründe dafür sind. Gut möglich, dass dabei entdeckt wird, dass der Argwohn, bei fehlendem Zwang würden sich andere in eine Hängematte legen, und dort faulenzend vom Geld des arbeitenden Volkes leben, daher rührt, dass der so Argwöhnende selbst es ist, der es tun würde, von sich selbst irrtümlich auf andere schließend. Denn die Leute verstehen unter Glück etwas Sichtbares und Greifbares: sind sie krank, ist es die Gesundheit, sind sie arm , ist es der Reichtum, wenn sie arbeiten, ist es die Freizeit, sind sie arbeitslos, ist es die Arbeit.
So bleibt nur der Wunsch, dass all jene, die davon ausgehen, bei einem bedingungslosen Grundeinkommen legten sich die Leute in die Hängematte, was zu steigenden Kosten für die Allgemeinheit führt, da ein Ministrant, ein Einzelhandelskaufmann, ein Straftäter und ein Messdiener dies behaupteten, jener eindeutigen Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems übergeben werden, die immer dann hilft, wenn der Geist zu schwurbeln beginnt: Das Schmecken. Nur wer schmeckt kennt den Geschmack. Jenseits dessen ist nur Gefasel. Der einzige Schaden wäre, dass sich dann die Radfahrer ein anderes Opfer suchen werden.
Das Icelandic Online Dictionary der University of Wisconsin übersetzt das Nomen “mark-leys/a” ins Englische mit “nonsense”, demnach die Vorstellung von Unsinn, Blödsinn, Kokolores, Quatsch, Stuss, Flause, Widersinn, kurz: Belanglosigkeit.
Am 19. August berichtete der SPIEGEL: »’Die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung ist immer noch geringer, wenn Sie zwei Dosen erhalten haben. Aber wenn Sie es tun, haben Sie eine ähnliche Viruskonzentration wie jemand, der überhaupt nicht geimpft wurde’, sagte Sarah Walker, Professorin für medizinische Statistik und Epidemiologie an der Universität Oxford, die die Studie leitete. Bei der Alpha-Variante sei die Viruslast bei Menschen, die sich trotz einer Impfung infizierten, noch deutlich niedriger gewesen. ‘Die Tatsache, dass wir eine höhere Viruslast sehen, deutet darauf hin, dass Herdenimmunität tatsächlich schwieriger werden könnte’, sagte der Wissenschaftler Koen Pouwels von der Universität. ‚Impfstoffe sind wahrscheinlich am besten geeignet, schwere Krankheiten zu vermeiden und etwas weniger, um die Übertragung zu verhindern.’«
Am 26. August berichtete der SPIEGEL: „Auch der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité sagte der dpa, dass eine gewisse Zahl an Impfdurchbrüchen zu erwarten gewesen sei – auch wegen der Art der Erkrankung, die Sars-CoV-2 verursacht: ‘Gerade bei einem respiratorischen Erreger, der die oberen Atemwege befällt, sich dort vermehrt und auch von dort weitergegeben wird, ist es schwierig, eine sterile Immunität herzustellen’, sagte Sander … Von einer sterilen Immunität spricht man, wenn sowohl die Ansteckung als auch die Weitergabe eines Erregers vollständig verhindert werden kann. Nicht gut erfasst werden können Infektionen von vollständig Geimpften, die ohne Symptome verlaufen: ‘Solche Infektionen würden sich nur per Zufall detektieren lassen, weil sich Geimpfte kaum testen lassen’, sagte Watzl, der auch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie ist. … Einen möglicherweise weniger guten Schutz bieten die Impfungen Menschen mit Vorerkrankungen. Das zeigt etwa eine Studie aus Israel: Von 152 Patienten, die trotz Impfung an Covid-19 erkrankten, waren nur sechs zuvor gesund. Die übrigen 146 Menschen hatten zum Teil schwere Vorerkrankungen, sie litten an Bluthochdruck, Diabetes, an chronischem Nierenversagen oder Krebs oder hatten ein Herz- oder Lungenleiden. Auch ein geschwächtes Immunsystem, zum Beispiel aufgrund einer Organtransplantation oder einer Chemotherapie, hatte Einfluss. … Denn die Pandemie ist noch nicht vorbei. Und Leif Erik Sander ist überzeugt: Bis zum Ende des kommenden Jahres werden alle mit dem Virus in Kontakt kommen, mit der Delta-Variante oder einer neuen Mutante.“
Am 28. August veröffentlichte ICELAND REVIEW eine Aussage von Islands Chefepidemiologe Þórólfur Guðnason: “ ‘Die Erfahrung hat gezeigt, dass 20 Prozent aller Ansteckungen in der vierten Welle bei Geimpften in Quarantäne aufkamen.’ Weiterhin erklärt Þórólfur: Besonders wichtig sei es, die geimpften Touristen im Land zu überwachen. Es sei offensichtlich, dass Geimpfte sich anstecken und andere anstecken können. ‘In den vergangenen Tagen haben wir 40 Ansteckungen an der Grenze gefunden, und bei 30 von ihnen handelte es sich um geimpfte Personen.’ ”
Vermutlich läuft eine Person bei dieser Zusammenstellung von Zitaten Gefahr, umgehend zu jenen Gehirnamputierten gezählt zu werden, welche fälschlicherweise von sich allen Ernstes behaupten, “Querdenker” zu sein.
Es ist auch gut möglich, dass der hier Schreibende damals im Fach Biologie beim Thema „äußere Atmung“ mal wieder lieber unter der Schulbank heimlich in einem interessanten Buch schmökerte und nicht aufgepasst hatte, durch diese Unaufmerksamkeit im Schulunterricht bedauerlicherweise bei ihm nur hängen blieb, dass es sich bei der äußeren Atmung um passive und aktive Vorgänge des Austausches von Sauerstoff und Kohlendioxid handle.
Auf Wikipedia ist zu lesen: „Beim Atmen strömt die Luft durch den Mund oder durch die Nase in den Körper. Wird durch die Nase eingeatmet, wird die Luft zunächst durch Härchen der Nase und durch Schleimhäute gereinigt, angefeuchtet und angewärmt. Anschließend gelangt die Atemluft über den Rachenraum vorbei an Kehlkopf und Stimmlippen in die Luftröhre … Am Ende befinden sich die Lungenbläschen in der Lunge, durch deren dünne Membran Sauerstoff in die Blutgefäße übertritt und auf umgekehrtem Weg Kohlenstoffdioxid aus dem Blut über die Alveolarluft in die Luft abgegeben wird.“
Da auch kein Virologe, geht er vermutlich auch noch davon aus, dass nach einer Impfung eingeatmete Viren erst im Körper bekämpft werden, beim Ausatmen daher er weiterhin die empfangenen Viren mitsamt jener, welche sich noch in der Nase tummeln, lustigerweise durch die Gegend pustet.
Eine Freiheit, welche sich mancher Zeitgenosse bzw. manche Zeitgenossin offensichtlich nicht nehmen lassen möchte, schrieb doch unter der Überschrift „Peitsche statt Zuckerbrot“ Frau Susanne Knaul am 03. September in der taz: „Ich möchte wissen, wer von meinen KollegInnen noch nicht vollständig geimpft ist, um dann entsprechend auf Abstand zu gehen oder meine FFP2-Maske hervorzukramen. Zu viel verlangt? Viel zu wenig! Die Ungeimpften sollten ins Homeoffice verwiesen werden oder auf eigene Kosten so lange beurlaubt, bis sie infiziert, erkrankt und wieder genesen sind. … In den USA erhöht eine Krankenversicherung die Beiträge für Ungeimpfte, StudentInnen müssen Testgebühren selbst tragen, Krankenhäuser wollen bei Bettenknappheit zuerst geimpfte Intensivpatienten unterbringen. Wenn es mit Zuckerbrot nicht geht, muss die Peitsche ran.“
Ein Schelm wer dabei denkt, es werde hier Eigenschutz als Fremdschutz ausgegeben. Jedoch: Verhält es sich nicht so, dass Fremdschutz erst dann sichergestellt werde, sobald eine Virenlast vor dem Einatmen zerstört werde und beim Ausatmen nicht munter wieder unters Volk gestreut werde?
Falls zutreffend, wäre der im April 2020 bei dem Pharmaunternehmen Kerecis in Ísafjörður verfolgte Ansatz nachvollziehbar: Die Entwicklung eines Nasensprays, welches die Mambrane der Viren, also die Virenlast, in der Nase zerstört.
Am 14. Oktober 2020 meldete RÚV, der staatliche Rundfunk Islands: „Die Firma Kerecis hat ein Nasen- und Mundspray gegen COVID-19 entwickelt. Es sollte als Teil der persönlichen Infektionskontrolle verwendet werden, Untersuchungen zeigen, dass es 99,97 Prozent des Virus abtötet … ‚Die Idee ist, wenn Sie zusätzlichen Schutz wünschen, wenn Sie essen gehen, in einem Bus oder Flugzeug. Dann können Sie dies in Nase oder Mund sprühen und einen zusätzlichen Schutz bilden‘, sagt Guðmundur Fertram Sigurjónsson, CEO von Kerecis. Das Mund-Nasen-Spray wird hierzulande mittlerweile auch in Apotheken verkauft. Der internationale Markt wird in den kommenden Monaten anvisiert. Das Spray sollte als vorbeugender Schutz gegen COVID-19 verwendet werden. Die Verwendung bedeutet nicht, dass auf andere persönliche Schutzausrüstungen wie Händewaschen, Händedesinfektionsmittel und Masken verzichtet werden kann. Kerecis weist darauf hin, dass begutachtete wissenschaftliche Artikel gezeigt haben, dass Menschen hauptsächlich über die Nasenhöhle mit dem Virus infiziert werden. Es setzt sich in der Schleimhaut der Nasenhöhle ab und kann sich dort vermehren und ausbreiten. Bevor es dies tut, sollte das Spray das Virus nicht verzerren und zerstören. ‚Das sind Fettsäuren, die das Virus oder die Fettschicht des Virus auflösen. Genau wie die Handseife an unseren Händen bildet diese in unseren Nasen eine Schutzschicht, die das Virus beim Einatmen auflöst.‘ Die Untersuchung der Utah State University hat sich als vielversprechend erwiesen. 99,97 Prozent des Virus wurden zerstört, wenn es mit dem Spray in Reagenzgläsern gemischt wurde. Derzeit wird am Menschen geforscht, zum Beispiel bei Landspítali unter der Leitung der COVID-Ambulanz.“
Eine Nachricht, welche vielleicht eine kleine Recherche gerechtfertigt hätte? Durch jene, welche derart eloquent behaupten, sie legten größten Wert auf Fremdschutz, aus diesem Grund – da ja geimpft – die FFP2-Maske gegenüber Geimpften ablegen und allen anderen die Peitsche androhen?
Keineswegs, wer gibt sich schon gerne mit Belanglosigkeiten ab. Na, dann: Her mit dem Nasenspray für geimpfte und ungeimpfte Freunde. Áfram!
Ist „lesen“ etwas anderes als eine Reise nach Innen? Vorneweg, eine Auseinandersetzung mit einem Text ist die eine Sache, darüber zu schwadronieren eine andere, zumal ein solcher Erguss hier nicht von einem Literaturkritiker abgefasst, sondern nur von einem simplen Leser.
Es mag sein, dass die Lektüre eines Textes, aus welchem Grund auch immer von einem Interesse ausgehend und angetrieben, im günstigsten Fall entweder zu eigenen Antworten oder eigenen Fragen führt. So geschehen bei der Lektüre des Romans von Wolfgang Schiffer, Titel “Die Befragung des Otto B.”, Claassen-Verlag, Düsseldorf 1974, ISBN 3-546-47965-3.
Stellte sich doch bereits zu Beginn der Auseinandersetzung mit dem Text die Frage, worin denn Sinn aufzufinden wäre, die darin beschriebenen Handlungen dem Netzwerk eigener Kategorien unterzuordnen. Zu dem Zwecke, die darin aufgezeigten Beweggründe den Schlachtungen der Inquisitoren auszuliefern?
Verhält es sich nicht so, dass sowohl bei der Auswahl einer Lektüre bereits eine eigene persönliche Entscheidung hinsichtlich „interessiert“ oder „unwichtig“ getroffen, als auch im Falle der Entscheidung „interessiert“ dann bei genauer Beobachtung stets nur jenes den Lesefluss stocken ließe, was im Widerspruch oder Einklang zu jenem stehe, welches einer zwar verzweifelt und vergeblich gesucht, allerdings ohne auch nur die geringste Ahnung hierüber zu haben, dass er eben diese Aussage der Textstelle verzweifelt und unwissentlich seit Langem gesucht habe, bis zu jenem Augenblick?
Wie anders wäre sonst das Phänomen erklärbar, dass zwei Leser dasselbe Buch mit großem Interesse lesen, anschließend über dessen Inhalte sich austauschen, mit dem Ergebnis, dass der eine Leser eine bestimmte Textpassage ausführlich zitiere, der andere Leser jedoch vehement bestreite, dass diese Textpassage im Buch auch nur ansatzweise vorkomme, denn auch er habe das Buch sehr aufmerksam gelesen und diese Textpassage keineswegs vorgefunden. Im Anschluss daran berichtet der andere Leser über eine andere Textpassage, zu welcher jedoch das Gegenüber vehement bestreitet …
Nun, eine Antwort wäre zum Beispiel dahingehend, dass sich einer die darin vorgefundenen Schöpfungen zu seiner eigenen Verblüffung während des Lesens zueigen machte bzw. vielleicht bereits vorher zueigen gemacht hatte, ohne hiervon auch nur die geringste Kenntnis zu haben, möglicherweise aus dem Grund heraus, da er selbst nicht die hierfür notwendigen und geeigneten Begriffe fand, um jenes zu fassen, was ihm wirklich erschien. Mit Schöpfungen sei hier daher nicht nur die erzählte Geschichte selbst gemeint, sondern auch die Schöpfungen an Begriffen und bislang einem selbst unbekannt gebliebener Zusammenhänge, welche Nachhall hinterließen.
Es ist in einem wissenschaftlichen Artikel davon zu lesen, dass ein Begriff wesentliche Merkmale von Dingen beinhalte, es würden Dinge mit gemeinsamen Eigenschaften (Merkmalen) in Kategorien zusammengefasst, Begriffe geschaffen und mit Namen bezeichnet, dabei sei der Begriff nicht der Name des Erfassten, aber man brauche diesen Namen, um Gedanken mitteilen zu können. Jenes, was einer aus dem Inhalt eines Wortes auffassen, kapieren (lat. capere = fangen, fassen, erfassen), begreifen könne, sei der Begriff. (Ital. capire!). Erste Orientierungspunkte bieten die im Text gewählten Benennungen (íðorð) und deren Beziehung zu Bezugsobjekt ( vísimið) und Begriff (hugtak).
Bereits die in der Erzählung aufgefundenen Begriffe zergehen einem auf der Zunge wie Sahnebonbons: „Geburtsdatenwiederholungen“, „Fehlvorstellung“, „eigennützige Anleitung“, „planlos gezeugt worden“, „patriarchalischer Größenwahn“, „unzumutbare Anmaßung“, „Religionsverkettungen“, „Glaube an die eigene Unfertigkeit“, „depressiver Träumer“, „produktiver Denker“, „eindrucksverweigernde Zimmerdecke“, „widerwillige Auferstehung“, etc.
Ferner – so ist im Kapitel 3 „Das Verhältnis von Begriff, Wort und Sprache“ von Dietrich Busse über „Wörter“ zu lesen – sei der Name, folglich das Wort (gr. logos, lat. verbum), also jede Vokabel nichts anderes als „die kleinste als selbständige Äußerung vorkommende Einheit der Sprache„. Indem einer spreche, nehme er auf Wirklichkeit immer schon Bezug, wenngleich sie in seinem Reden eigentlich erst entstünde. Jede Abbildtheorie der Sprache lebe von der Vorstellung, dass es jenseits menschlicher Wahrnehmungstätigkeit eine (vorsprachliche) Wirklichkeit gebe, die Bezugspunkt und Grundlage des Erkennens sei. Diese Vorstellung sei trivial, solange nicht übersehen werde, dass diese Wirklichkeit als angeeignetes, für uns bedeutungsvolles Resultat unserer Tätigkeit (sowohl sprachlicher, als auch außersprachlicher) ist. Die Gegenstände bedeuteten nicht an sich, sondern erst, indem mit ihnen umgegangen, praktisch wie sprachlich, und so einen Bezug zu ihnen entwickelt würde.
Weiterhin führt Dietrich Busse aus: „Ein Fokus auf das Einzelwort ist deshalb zu eng, da er dazu verführt, diese Zusammenhänge auszublenden. Das als Eines vorgestellte, der Gegenstand als das aufgrund einer nominalisierenden Sprachstruktur als einheitlich Missverstandene, zerfällt unter der Betrachtung der Rede in eine Vielzahl von Einzelheiten und Merkmalen, auf die in ihrer Gesamtheit kein Bezug genommen werden kann.
Die Rede als der Entstehungsort dieser dissoziativen Mannigfaltigkeit ist auch der Ort der Aufdeckung des reifizierenden [verdinglichend] Missverständnisses. Indem wir den Gegenstand zu beschreiben suchen (und das kann nach Wittgenstein nichts anderes sein, als die Wortverwendungen zu untersuchen) wird uns seine Mannigfaltigkeit, die tatsächlich eine Mannigfaltigkeit der sprachlich vermittelten Bezugsweisen ist, bewusst. Einheit des Gegenstandes ist so immer ein gewollter Akt der Definition des Gegenstandes für uns, und somit (als Akt der Ein- und Ausgrenzung) immer geleitet von allgemeineren (gegenstandsübergreifenden) Vorstellungen und Interessen.”
Wie auch immer, Otto B. lässt wie der Stagirit nur jene Begriffe als wissenschaftlich zu, welche durch Definition bestimmbar sind. Was zu einem beachtlichen Erfolg führt, wie die Definitionen des Otto B. zu den Wörtern “Arbeit”, “gewaltsame politische Veränderung” und “Sinnlosigkeit” eindrucksvoll belegen:
„Er stütze sich bei der Nennung des Begriffs Arbeit auf dessen volkstümlichen Gebrauch, der besage, nur das als Arbeit anzusehen, was jemand im Auftrag einer wie auch immer beschaffenen, übergeordneten Einflussnahme als einzelner und widerwillig in geregelten Zeitverhältnissen zur Erreichung eines festgesetzten Ziels vollbringe.“
“Er sehe dennoch eine gewisse Berechtigung in seinem Tun, gerade aufgrund der Sinnlosigkeit, die das Recht habe, sich gegen alle Sprüche, Mahnungen und Warnungen, Verbote und Verfolgungen dennoch zu praktizieren.”
„Dass eine gewaltsame ökonomische und politische Veränderung nichts anderes bewirken werde, als der Gewalt und Ausbeutung eine neue Form zu geben, solange sie von Menschen ausgefüllt und genutzt werde, deren Triebe und Bedürfnisse selbst durch die grundlegenden Ursachen für die Knechtschaft ihre Formung erfahren hätten.“
Zur Erzählung selbst wäre abschließend anzumerken, dass eine Erörterung von Literatur so genannten Literaturkritikern vorbehalten sei. Da weder Literaturkritiker, noch Leser von Literaturkritiken – um es mit den Worten von Otto B: auszudrücken: „Wer höre, gehört auch …“ -, wäre nur abschließend anzumerken, dass der Anlass und das Ergebnis der Befragung des Otto B. bis zur letzten Seite unbekannt bleibt. Wohl dem, der angesichts dessen die Kontrolle über sich behält und standhaft der Versuchung widersteht, zu Beginn am Ende des Buches erstmal nachzusehen, wie die Geschichte denn ausgehe. Wird solch Standhaftigkeit doch damit belohnt, dass zu dem Lesegenuss auch noch die stetig ansteigende Spannung hinzukomme.
Bliebe nur noch, Otto B. hinterher zu rufen, dass es sehr bedauerlich ist, dass er seiner Absicht gefolgt ist, sich bewusst dem Irrsinn des Schweigens verfallen zu lassen, damit er ihm vergessen helfe, um der Zukunft frei begegnen zu können. Denn, um es mit den Worten von Ludwig Hohl auszudrücken: “Die Menge denkt wenig. Drum eben sollten die Denkenden sie führen, nicht die Ausnützenden.” Allerdings schrieb Ludwig Hohl auch diesen Satz: “Es gibt nur ein Unglück: dass einer nichts zu tun hat oder gezwungen wird, etwas Falsches zu tun.”
Lesandi: „Nun hatten wir uns ja bereits emsig das Maul zerrissen über jene Wesen, so dass es vielleicht an der Zeit wäre, sich einmal über Unseresgleichen auszutauschen. Wo steckt eigentlich Ónytjungur?“
Sögumaður: „Er leckt immer noch seine Wunden.“
Lesandi: „Ég kem alveg af fjöllum. Was hat sich zugetragen?“
Sögumaður: „Wie du sicher weißt, war er ein Wechselbalg.“
Lesandi: „Und wenn schon, nun ist er ja wieder zurück und haust unter Seinesgleichen.“
Sögumaður: „Dann weißt du sicherlich auch, dass dort seine Großmutter mütterlicherseits eine eifernde Klerikerin mit unerbittlichem Bekehrungsdrang war, deren Ehemann ein eingefleischter Sozi und eifrig fremdgehender Womanizer, sein Großvater väterlicherseits einer der „alten Kameraden“, per Du mit dem Führer und fanatischer Nazi und dessen Ehefrau eine schlichte Bäuerin, welche die russischen Zwangsarbeiter stets heimlich mit Lebensmitteln versorgte.“
Lesandi: „Das konnte ja nicht gutgehen mit ihm. Da ist es gut, dass er wieder zu seinem Stein zurückgekehrt ist.“
Sögumaður: „Zudem wuchs er dort mit der Gewissheit auf, mit einem widerwärtigen Makel geboren worden zu sein. Nicht genug, dass er wie jedes Kind am Anfang mit leuchtenden Augen in die Schule eilte, um dann nach einiger Zeit mit stumpfem Blick wieder herauszukommen, hielten es die Pädagogen dort auch noch für dringend erforderlich, ab dem ersten Schultag seinen linken Arm hinten auf den Rücken zu binden, damit er den Griffel endlich in die rechte Hand nehme.“
Lesandi: „Verhält es sich nicht so, dass nur in arabischen Ländern die linke Hand als die unreine gilt?“
Sögumaður: „Dennoch durften Linkshänder in deren Schulen mit der linken Hand schreiben. Waren dann die Hausaufgaben gemacht, belehrte ihn seine Großmutter mütterlicherseits tagein, tagaus dahingehend, dass er in der Finsternis lebe, ein Satan sei, was sie schließlich wissen müsse als Braut Jesu.“
Lesandi: „Hat jener sie dann geheiratet?“
Sögumaður: „Er ließ sich sehr viel Zeit dabei, sie wurde steinalt.“
Lesandi: „Geriet sie dabei nicht mit dem Großvater väterlicherseits aneinander?“
Sögumaður: „Der war zu jener Zeit bereits längst jämmerlich an einer Leberzirrhose krepiert, just in dem Augenblick, als Bomber sein Dorf in Schutt und Asche legten, da sie nicht mit Bomben zurückfliegen wollten und dabei nicht nur seine Anhängerschaft allein so nebenbei um ein Viertel reduzierten.“
Lesandi: „Hatte wohl zu viel gesoffen mit den Herrenmenschen.“
Sögumaður: „Dabei war der Name seines Großvaters väterlicherseits nachweislich keltisch, dessen schwarze Haare belegten eindeutig, dass sich einer seiner Vorfahren dummerweise mit einer dort so genannten ‚Mischehe‘ besudelt hatte, vermutlich Römer oder Römerin, was ihn allerdings keineswegs daran hinderte, sich als „Germane“ zu wähnen und Adolf Hitler gleich von Anbeginn an die Pfote zu küssen.“
Lesandi: „Und deswegen leckt sich Ónytjungur nun die Wunden?“
Sögumaður: „Keineswegs. Er hält sich nur an die Regeln. Er hatte bereits davon gelesen, dass über Verstorbene nicht schlecht geredet werden dürfe, es sei ihnen der gebührende Respekt zu erweisen, zudem könnten diese sich auch nicht mehr wehren.“
Lesandi: „Was gute Sitte und Gebrauch. Ist doch keiner nur gut oder böse und es gibt auch nicht nur die Farben weiß und schwarz, wie du sicherlich weißt.“
Sögumaður: „So ist es. Er stellte nur bei einer seiner letzten Reisen fest, dass nun sowohl die Anhänger der Braut Jesu als auch die Anhänger des Germanen zu deren Gräbern pilgern, um ihren Vorbildern zu huldigen.“
Lesandi: „Und?“
Sögumaður: „Ihm fiel eine Erzählung ein, welche über einen klugen Mann berichtete. Seine Anhänger strömten in Scharen zu seiner Wohnstätte und beteten ihn an. Was dem Mann nicht geheuer war, da nur auf einem Missverständnis beruhend, die Leute jedoch seine diesbezüglichen Argumente strikt ablehnten und diese irrtümlich als Ausdruck seiner Bescheidenheit hinstellten. So dass er befürchten musste, dass ihm die Leute nach seinem Ableben auch noch ein Grabmal über seine sterblichen Überreste errichten werden, um ihm weiter huldigen zu können. Er zog also seinen besten Freund ins Vertrauen, und bat ihn, nach seinem Tod seine sterblichen Überreste heimlich an einem stillen Ort zu bestatten und in sein Grab stattdessen den Kadaver eines Esels zu legen.“
Lesandi: „Lass mich raten, so geschah es auch. Die Anhänger errichteten über dem Esel ein Grabmal, pilgerten in Scharen zum Grabmal …“
Sögumaður: „… und spürten dann, so wird erzählt, wie die Spiritualität des Leichnams sie durchströmte. Und nun wäre Ónytjungur …“
Lesandi: „… gerne an die Grabstätte der Braut Jesu und des Germanen gereist, hätte Nächtens in aller Stille die sterblichen Überreste an einem ruhigen Ort bestattet, und an deren Stelle den Kadaver eines Esels in die Grabstätte gelegt. Wo liegt sein Problem?“
Sögumaður: „Dummerweise las er auch davon, dass es in manchen Ländern guter Brauch ist, die Totenruhe der Verstorbenen selbst dann nicht zu beenden, sollte die Miete für die letzte Ruhestätte nicht bezahlt worden sein.“
Lesandi: „Nun, manche Länder haben sogar Kultur und kamen daher gar nicht auf die Idee, Miete für die letzte Ruhestätte zu verlangen.“
Sögumaður: „Er würde, wolle er seine Absicht umsetzen, unweigerlich die Totenruhe der beiden stören.“
Lesandi: „Und nun leckt er die Wunden seiner Synapsen. Ich verstehe. Hättest du Lust, mit mir ein Lied zu singen, laut genug, so dass es auch Ónytjungur hören kann?“
Die Trolle Sögumaður und Lesandi fassten sich bei der Hand und sangen ein Lied:
(73) Tveir eru eins herjar, tunga er höfuðs bani. Er mér í héðin hvern handar væni. 1)
(73) Zweie überwältigen einen, die Zunge ist der Tod des Kopfes. Erwarte Feindschaft unter jedem Fell.
1) „Hávámál og Völuspa“, Gísli Sigurðsson, Svart á Hvítu, Reykjavik 1986
Die Trolle Stjórnvald und Húskarl verfolgten an Sylvester auf ihrem Stein liegend mit großer Freude den Tanz der Elfen am Firmament.
Húskarl : „Ich las davon, dass das Zusammengesetzte bis zu dem Einfachen hin – was sozusagen die kleinsten Teile des Ganzen sind – getrennt werden müsse, daher auch bei dem Staate untersucht werden müsse, woraus er bestehe und würde dann an seinen Bestandteilen besser ersehen, wie die Staaten sich voneinander unterscheiden und ob es angehe, über jede der genannten Gemeinschaften etwas wissenschaftlich festzustellen.“
Stjórnvald : „Ich sehe, auch dieses Jahr hat die Bókaflóð bei dir ihre Spuren hinterlassen.“
Húskarl : „Ist dir auf deinen Reisen nicht aufgefallen, dass es zahlreiche Gemeinsamkeiten bei den Nationen da draußen in der Welt gebe und dies unabhängig davon, ob sich diese Demokratien, Königtümer, oder Diktaturen nennen und auch völlig unabhängig davon, ob sie von sich behaupten, sie wären atheistisch, säkular oder religiös?“
Stjórnvald : „Hattest du nicht auch den Satz entdeckt, dass die Tyrannen schlechte Leute lieben würden, denn wenn man ihnen schmeichle, freue es sie, denn der Tyrann strebe nach dreierlei, einmal nach einer kleinmütigen Gesinnung bei seinen Untertanen, dann dass niemand dem Anderen traue, denn die Tyrannis könne ja nicht eher gestürzt werden, als bis einige einander vertrauten?“
Húskarl : „Hatte ich gelesen. Deshalb verfolge die Tyrannis auch die rechtlichen Leute, weil diese ihrer Herrschaft Schaden brächten. Ich las auch, dass das Gleiche und Gerechte immer nur von den Schwächeren verlangt werde, während Gewalthaber sich nicht darum kümmerten.“
Stjórnvald : „Nun, dann hast du sicherlich auch gelesen, dass der Staat zu den zusammengesetzten Dingen gehöre und daher aus vielen Teilen bestehe. Daher wäre zunächst die Untersuchung auf die Bürger zu richten, denn der Staat ist ja eine Menge von Bürgern.“
Húskarl : „Dann dürfte die Einteilung aber nicht mehr stimmen.“
Stjórnvald : „Welche Einteilung?“
Húskarl : „Unterschied er nicht nach Königtum, der Aristokratie, dem Freistaat und der drei Ausartungen derselben, also der Tyrannis als Ausartung des Königtums, der Oligarchie als Ausartung der Aristokratie und der Demokratie als Ausartung des Freistaates?
Stjórnvald : „Nun, aus diesem Grund wurde auch 500 Jahre später diese Einteilung um die Ochlokratie ergänzt.“
Húskarl : „Allerdings hatte er es bereits vorausgesehen. Führte er nicht aus, dass die meisten die despotische Herrschaft für die stattliche hielten und was sie für sich selbst nicht für gut und zuträglich hielten, dessen schämten sie sich nicht gegen Andere zu üben? Bei sich zu Hause mögen sie vielleicht nach einer gerechten Herrschaft streben, Anderen gegenüber kümmere sie das Gerechte nicht. Daher hatte die Einrichtung des Scherbengerichts gegen anerkannte Überlegenheiten eine staatliche Berechtigung.“
Stjórnvald : „Dann sind wir hier ja bestens aufgehoben. Der Staatspräsident steht im Supermarkt wie jeder andere vor der Kasse in der Warteschlange, fährt morgens seine Tochter mit dem Fahrrad zur Schule, kann bei einer Fußball-Europameisterschaft dankend die VIP-Lounge ablehnen, sich zur Fankurve seiner Staatsbürger gesellen und in der Menge wie ein Fisch im Fischschwarm schwimmen.“
Húskarl : „Vergiss nicht, dass es nicht in allen Ländern die Bücherflut gibt. Ich hörte davon, dass hier die Schüler einer Schule jede Woche ein anderes Buch zu lesen haben, welches dann anschließend im Unterricht gemeinsam erörtert werde. Ein Direktor einer Schule eines anderen Landes, welcher mit dieser Schule in den Westfjorden über ein Schüleraustauschprogramm verbunden war, führte beredte Klage, dass er schon froh wäre, wenn er in seiner Schule wenigstens zwei Bücher im Jahr besprechen könne. Ist es nicht die Sprache, welche das Nützliche und Schädliche sowie das Gerechte und Ungerechte offenbare?“
Stjórnvald : „Der Unterschied liegt wohl darin, dass hier vom Staatsvolk auch die Dichter mehr geachtet werden als Politiker oder sonstige prominente Personen.“
Húskarl : „Verhält es sich dann nicht so, dass es nicht die Menge der Bürger ist, welche die Größe eines Staates bestimme, sondern von welcher Beschaffenheit diese seien?“
Stjórnvald : „So ist zu lesen. Zudem beurteilen in anderen Staaten die Menschen die Größe eines Staates nach der Zahl seiner Einwohner, statt auf die Kraft zu sehen. Ist doch ein großer Staat nicht dasselbe wie ein volkreicher Staat. Das Übrige wäre dann Sache der Erziehung, denn der Mensch lerne teils durch Gewöhnung, teils durch Hören.“
Húskarl : „So ist es. Daher wurde seit der Landnahme hier großer Wert darauf gelegt, dass die Sprache nicht verwässert werde durch Lehnwörter oder Worthülsen, welche vorgeben etwas zu sein, was sie bei näherer Betrachtung dessen Inhalts gar nicht sind.“
Stjórnvald : „Was dazu führte, dass mit den Leuten hier nicht gut Kirschen essen ist. Die Bankster, welche damals den Staatsbankrott herbeiführten, waren vernünftig genug, schleunigst das Land zu verlassen und nicht mehr zurückzukehren. Erinnerst du dich noch an jene Toilette, bei der die Pissoirs mit den Konterfeis dieser Bankster ausgekleidet wurden, damit jeder diese sofort erkennen könne, sobald sie es wagen sollten, isländisches Territorium zu betreten?“
Húskarl : „Oder dieser ohrenbetörende rhythmische Lärm, der von Austurvöllur bis hinauf zur Hallgrímmskirkja zu hören war und dies nur aus dem Grund heraus, weil ein Politiker vor der Wahl versprach, dass er das Staatsvolk befragen werde, ob die Verhandlungen mit der EU eingestellt werden sollen oder nicht …“
Stjórnvald : „… und dann das Staatsvolk nach der Wahl nicht befragte, sondern einfach die Verhandlungen eigenmächtig einstellte, mit der Begründung, dass das Ergebnis der Befragung ja ohnehin eindeutig gewesen wäre, da die Mehrheit der Ísländer bereits vor der Wahl gegen den Beitritt zur EU gewesen war, wie die Meinungsumfragen belegt hätten …“
Húskarl : „… was ja auch bereits vor der Wahl bekannt gewesen, so dass sich den Wählern die Frage aufdrängte, wieso er dann dennoch eine Volksbefragung vor der Wahl versprochen habe, wissend, dass er dieses Versprechen nach der Wahl nicht einhalten werde.“
Stjórnvald : „Nun, mit den Panamapapieren hatte er den Bogen ja dann endgültig überspannt. Vermutlich ist ihm völlig entgangen, dass die Vorfahren damals das Land besiedelten, weil sie sich nicht einem König unterwerfen wollten.“
Húskarl : „Womit zwar wieder einmal bestätigt, dass jene welche sich im Übermaß von Glücksgütern befinden, weder den Willen noch das Verständnis für Gehorchen hätten, ihnen dieser Mangel bereits von Hause aus und von Kindheit ab anhänge und sich wegen des Luxus nicht einmal in der Schule sich an das Gehorchen gewöhnen mussten …“
Stjórnvald : „ … wohingegen die weitere Aussage nicht zutraf, dass jene, welche an all diesen Gütern großen Mangel litten, zu unterwürfig werden würden.“
Húskarl : „Es ist an der Zeit : Gleðilegt nýtt ár, Stjórnvald! Wäre dies nicht ein Grund, den Tanz der Elfen mit einem Lied zu begleiten?“
Stjórnvald : „Gleðilegt nýtt ár, Húskarl!“
Die Trolle Stjórnvaldund Húskarl standen auf und sangen Hand in Hand den Elfen ein Lied:
(64) Ríki sitt skyli ráðsnotra hver í hofi hafa. Þá hann það finnur er með fræknum kemur að engi er einna hvatastur. 1)
1) „Hávámál og Völuspa“, Gísli Sigurðsson, Svart á Hvítu, Reykjavik 1986
(64) Der Befugnis in Maßen führt durch, wer guten Rat hütet. Der wird einen finden der tapferer kommt; keiner ist allein lebendig.
Tölvufræðingur : „Es gilt eine ganze Generation zu retten.“
Kennari: „Drunten im Dorf?“
Tölvufræðingur : „Keineswegs, da ist alles so wie es sein könnte. Nein, ein Kontinent im Süden bedarf raschester Entwicklungshilfe. Du weißt ja, primitive Gemeinschaften mit evolutionär bedingter Rückständigkeit und nun der Virus, die Epidemie …“
Kennari: „Darf ich dich schonend daran erinnern, dass du kein Virologe bist.“
Tölvufræðingur : „Ich will dort keineswegs den Virologen mimen, wo denkst du hin. Schuster bleib bei deinen Leisten! Zudem hätten sie dort ohnehin schon ausreichend Spezialisten. Nein, es geht mir um die Schüler, welche – wie du weißt – die einzige Zukunft jeder Generation sind.“
Kennari: „Sind die Lehrer alle erkrankt?
Tölvufræðingur : „Auch das nicht. Hast du schon einmal in deinem Leben in einem Büro gearbeitet? Nun stelle dir vor, du bewirbst dich um eine Anstellung in einem Betrieb. Der Personalchef teilt dir mit, dass du 16 Wochen lang in einem Büro allein eingesperrt wirst und dein Abteilungsleiter dir innerhalb dieser 16 Wochen 137 entweder sehr umfangreiche oder sehr armselig ausgearbeitete Dokumente zu 11 verschiedenen Themenbereichen zur Verfügung stellen wird, an manchen Tagen zu 4 , 5 oder 6 Themenbereichen gleichzeitig. Du kannst den Abteilungsleiter in diesen 16 Wochen nicht anrufen, um Rückfragen zu stellen und hast die vorgegebenen Termine einzuhalten. Insgesamt wirst du einen Stapel von mehr als 500 Seiten in Empfang nehmen. Wirst du diese Anstellung annehmen?“
Kennari : „Bin ich Jesus, wächst mir Gras aus der Tasche, trag ich einen Strohhut? Neige ich zu Verzweiflungstaten?“
Tölvufræðingur : „Und wieso ordneten dies dann ausgerechnet Pä-dagogen par orde du mufti an?“
Kennari: „Vielleicht sind sie Querdenker?“
Tölvufræðingur : „Dieses Nomen ging den Weg alles Irdischen, ohne dass hierfür Ersatz bereitgestellt. Einst wurden unter ‚Querdenker‘ kreative Menschen verstanden, welche nicht von ‚Betriebsblindheit‘ betroffen. Längst Geschichte, vorbei. Nun haben dort Tölpel, Dumpfbacken und Schreihälse in großer Zahl sich dieses Begriffs eigenmächtig bemächtigt und damit diesen bis dahin zu recht positiv konnotierten Begriff ein für allemal zu Grabe gegrölt. Ich sprach von Pädagogen.“
Kennari : „Von wem ist nun die Rede? Von Lehrern, von Pädagogen? Gibt es denn da einen Unterschied?“
Tölvufræðingur : „Warst du nie Schüler? Verhält es sich nicht so, dass du dich bei manchen deiner Lehrer auch noch nach Jahrzehnten an deren Namen erinnerst, und bei anderen deiner Lehrer dir deren Namen partout nicht mehr einfallen will?“
Kennari : „Nun, es heißt ja nicht umsonst, es habe sich einer einen Namen gemacht. Wozu sich dann an jenen der anderen noch erinnern?“
Tölvufræðingur : „Nun, dann dürftest du auch nachvollziehen können, aus welchem Grund heraus mit dem Wort ‚Pädagoge‘ ursprünglich jener Sklave bezeichnet wurde, der den Schüler nur zu seinem Lehrer begleitete.“
Kennari : „In der Tat, der Unterschied zu einem Lehrer ist mehr als signifikant. Ich fasse zusammen: Du willst folglich dort nicht den Virologen mimen, auch nicht den Pädagogen geben, verabscheust auch diese neue Art von Spezies, welche sich selbst in einem Anfall von Größenwahn als ‚Querdenker‘ bezeichnen und dummerweise diese anmaßende Selbstzuweisung dort auch noch akzeptiert wird. Willst du dort den Lehrer mimen?“
Tölvufræðingur : „Wo denkst du hin. Ich bin zum Lehrer denkbar ungeeignet. Nimm zum Beispiel das Unterrichtsfach Geschichte. Da werden den Kindern auf Anordnung von Pädagogen die Jahreszahlen von irgendwelchen Schlachtfesten eingetrichtert, Namen von Vollpfosten, welchen Denkmäler errichtet wurden, weil sie Erbstreitigkeiten mit der buckligen Verwandtschaft in der Regel mit solchen Schlachtorgien beantworteten, nicht zu sprechen von so genannten Entdeckern, welche nichts Besseres mit ihrer Entdeckung anzustellen wussten, als die Entdeckten auszurauben, ihnen das Land zu stehlen und sie massenweise zu versklaven oder zu ermorden. Da halte ich es lieber mit meiner damaligen Geschichtslehrerin, die uns sagte, dass aus diesem Brimborium Geschichte nie zu verstehen sei und es daher vorzog, Briefe von Betroffenen aus jener Zeit mit uns durchzuarbeiten, damit wir verstehen lernen, mit welchen Ängsten, Sorgen und Problemen die Menschen damals zu kämpfen hatten.“
Kennari : „Nun gut, also auch zum Lehrer untauglich. Was willst du dann dort? Den Kindern Geschichten erzählen?“
Tölvufræðingur : „Da weder Querdenker, Virologe, Lehrer, noch Pädagoge, bleiben mir nur Verzweiflungstaten. Ich bringe nur Nasenspray zu den Kindern.“
Kennari : „Nasenspray? Haben die Kinder dort Schnupfen?“
Tölvufræðingur : „Nein, wobei ich dies nicht mit Gewissheit sagen kann. Denn einerseits werden sie dort gezwungen, bei offenen Fenstern und Türen im Klassenzimmer zu frieren, andererseits dazu gezwungen, jeden Schultag über eine Fahrzeit von mitunter mehr als einer halben Stunde am Morgen in so genannten Schulbussen dicht an dicht gedrängt sich zur Schule zu begeben und am Ende des Unterrichts dieselbe Prozedur in umgekehrter Fahrrichtung durchzustehen. Nein, ich bringe nur ein Nasenspray. Du erinnerst dich doch noch daran, dass die Fischhäute vom Kabeljau von der Fischverarbeitung nicht als Abfall behandelt wurden, sondern einem örtlichen Pharmaunternehmen übergeben, welches daraus seit Jahren schon ein Wundpflaster für schwerste Wunden herstellte und damit die Krankenhäuser der Welt belieferte.“
Kennari : „Ich weiß, während die einen einem weiß machen wollen, sie könnten sogar aus Exkrementen Brot machen, ist es den Leuten in den Westfjorden tatsächlich gelungen, aus Abfall Wundpflaster herzustellen und haben damit schon manchem Patienten in den Nationen der Welt das Leben gerettet. Und jetzt kümmern sie sich um die Nasen von Kindern?“
Tölvufræðingur : „Es war davon zu hören, dass sie nun ein Nasenspray entwickelt hätten, welches 99,97 % der COVID-19-Viren abtöte, indem es die Membran des Virus zerstöre. Es soll dieses Nasenspray hier dem Vernehmen nach seit Oktober in allen Apotheken geben, auch namhafte Wissenschaftler seien interessiert. Ich habe mir daher meinen Rucksack damit vollgestopft und möchte ihn den Kindern bringen.“
Kennari : „Nun, dann hätte Guðbergur Bergsson ja doch recht gehabt.“
Tölvufræðingur : „Womit?“
Kennari : „Schrieb er nicht in seinem Essay ‚Island ist ein kleines Land, weitab von anderen Völkern‘ in Bezug auf die Größe von Nationen davon, dass es wie so oft sei, dass die Winzigkeit und nicht die Größe den Menschen vor dem Abgrund rette?“
Tölvufræðingur : „Nun, vermutlich haben dort nicht alle im Band 143 von ‚die horen‘ aus dem Jahre 1986 die Übersetzung von Jürgen von Heymann gelesen.“