Unser Vergessen baut die Gitter

Am 26. April jährte sich die Möglichkeit des sogenannten Unmöglichen, das Reaktorunglück von Tschernobyl, auf Wikipedia ignorant als „Naturkatastrophe“ bezeichnet, demnach um eine natürlich entstandene Veränderung, bei welcher nicht Menschen die Verursacher der Katastrophe in der Natur waren. Während weiterhin Menschen nach dem Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ genussvoll ihre Becquerels verzehrten, und andere mit dem Kopf gegen die Wand rennen, um den schleichenden Mord aufzuhalten, reihte sich Unfall an Unfall, schritten die verantwortlichen Optimisten mit beschwichtigenden Gesten über die Gräber der Opfer. Auch statistische Tote sind Tote. Dass die Sowjetunion aus Staatsräson über Leichen ging, ist nicht neu, dass die Bundesregierung ebenso Leichen in Kauf nimmt, ist schockierend, und nicht minder Barbarei. Die Sorge und der Widerstand schützt den verantwortungsbewussten Bürger nicht vor der Notwendigkeit, Nahrung zu sich zu nehmen; auch er muss essen, was auf den Tisch kommt, und künstlich erzeugte radioaktive Strahlung macht um niemand einen Bogen. Ihm bleibt die Mühe, möglichen Etikettenschwindel zu erkennen, oder ihm ausgeliefert zu sein.

(c) Woche

Es jährt sich, dass Kindern auf die Finger geschlagen wurde, weil sie den Rasen berührten. Es jährt sich, dass Sandkästen weggebaggert werden mussten, und Kinder vor verschlossenen Bädern standen. Es wurde notwendig, unsere Kinder vor den Auswirkungen unseres Willens zu schützen, sie einzusperren, ihnen Dinge zu verbieten, die uns als Kinder selbstverständlich waren. Die Korsette werden enger, wir bauen uns unser eigenes Gefängnis, unser Vergessen baut die Gitter. Wer denkt schon leicht über Dinge nach, die man nicht schmeckt, die man nicht riecht, und die man nicht sieht. Keiner der Sinne unterstützt den Kampf gegen unsichtbaren Mord.

(c) Nübler

Man sagte uns, wir seien sicher – und zur gleichen Zeit wurden in der Bundesrepublik Deutschland Mitbürger kontaminiert – sprich: vergiftet. Man erlaubte sich sogar die Unverfrorenheit, zu posaunen, der Vergiftete sei „quietschvergnügt und quicklebendig“, weil ihm wahrscheinlich noch nicht die Haare ausgefallen und verschwieg, dass man erst der noch lebendigen Leiche ansieht, dass sie nie wieder quicklebendig und quietschvergnügt sein wird. Das Gift hat Zeit und nutzt sie.

Die Sorge würde als Panikattacke verlacht, Verantwortung als Querulanz verteufelt. Man wird später sicher Entschuldigungen für das Verbrechen des Nichtstuns, des Schweigens und der Beschwichtigung finden.

Es ist völlig gleichgültig, ob aufgrund  eines radioaktiven Fallouts zwei oder zweitausend statistische Tote zu verzeichnen sind, denn bereits ein Toter ist einer zu viel. Beklagen wird die Toten niemand, denn sie wurden bewusst von uns als statistisches Schlachtvieh zum Altar der Menschenopfer zitiert. Sie sind berechnet, und Opfer der Berechnung. Sie sind wirtschaftlich vertretbar laut Strahlenschutzverordnung, also wirtschaftlich vertretbare statistische Morde. Die Klage eines Bürgers über die Ausbringung von mit 14000 Becquerels belastetem Klärschlamm Monate nach Tschernobyl auf die Felder bayerischer Bauern wurde vom Umweltministerium mit der lapidaren Begründung abgeschmettert, die Strahlenschutzverordnung gelte nur für den „willentlichen Umgang“ mit radioaktiver Strahlung, und sei somit nicht zuständig.

(c) MZ Archiv

Von Oscar Wilde ist dieser Satz überliefert:  „Erfahrung ist die härteste Art von Lehrer. Sie gibt dir zuerst den Test und die Lehre danach.“ Ihm war wohl vorhandene Unbelehrbarkeit der Masse noch unbekannt an diesem Zeitpunkt.

Es bleibt nur ein Nachruf. Menschen werden vermutlich immer erst verstehen, wenn sie vor den Mahnmälern ihrer Vergangenheit stehen. Für untätiges Hoffen gibt es keine Entschuldigung, weder heute noch morgen. Es bleibt weiterhin jeder Tag ein möglicher Jahrestag irgendeines „Tschernobyl“.

Zugefallen

Der Troll Trúleysingi kehrte nach einer langen Reise aus der wissenschaftsbasierten Informationsgesellschaft zurück und besuchte seinen Freund Sameind auf dessen Stein unweit von Laugafell.

Sameind: „Velkominn, Trúleysingi. Hvernig líður þér í dag?“

Trúleysingi: „Die wissenschaftsbasierte Informationsgesellschaft hat sich weiterentwickelt zum Transhumanismus.“

Sameind: „Genügte ihnen nicht, was sie bereits an grobem Unfug bei Äpfel und Rosen angerichtet haben?“

Trúleysingi: „Wie meinen?“

Sameind: „Nun, den Äpfeln wurden die Polyphenole entfernt, da diese mit Polyphenolen zu schnell braun wurden. Um dies zu verhindern, wurden die Polyphenole entfernt, was dazu führte, dass der Genuss von Äpfeln zwar nicht mehr wie vordem vor Allergien schütze, dafür aber nun allergische Reaktionen hervorrufen könne. Bei den Rosen wurden die Duftstoffe entfernt, da diese die Rose dazu anrege, ihre Knospe zu öffnen, womit die Rose sich bereits bei einem langen Transport öffnen würde und nicht erst danach.“

Trúleysingi: „Weit gefehlt, es wird etwas ganz anderes darunter verstanden. Es geht ihnen – so ist zu lesen – um eine philosophische Denkrichtung, welche die Grenzen menschlicher Möglichkeiten, sei es intellektuell, physisch oder psychisch, durch den Einsatz technologischer Verfahren erweitern möchte.

Sameind: „Haben sie die Grenzen menschlicher Möglichkeiten bei den Äpfeln und Rosen nicht schon genug erweitert?“

Trúleysingi: „Der Zufall und die Intelligenz will es nunmal so, denn alles beruht auf Zufall und Intelligenz.

Sameind: „Soso. Somit stelle sich mir zuvorderst die Frage, ob  den Begriffen Zufall und Intelligenz eine Bedeutung beigemessen werden könne und welcher Art diese sein könne.“

Trúleysingi: „Die typische Antwort eines Analphabeten.“

Sameind:  „Gemach, gemach. Die Vielzahl an Gattungen ist doch offensichtlich für jeden, welcher sehen und/oder berühren kann. Du stimmst mir zu?“

Trúleysingi: „Der Sinn ist daran zu erkennen, dass Lebendes sich ernähren müsse, und die Gattungen es ermöglichen, dass sich Lebendes von Lebendem ernähre. Auch der Ursprung des Lebenden auf diesem Planeten ist  bekannt: die schwarzen Raucher.“

Sameind:  „Es wäre Unsinn, etwas anderes zu behaupten. Allerdings wäre mit diesem Unterfangen schnell ein Ende gewesen, wären die Protonen, Neutronen und Elektronen nicht nach einem Meeting – das der Zufall einberief und an welchem dann in Folge alle Atome des Universums zusammen kamen, um darin zu beschließen, sich in Zukunft zu sogenannten Molekülen zusammenzuschließen, welche in Folge in der Lage wären, diverse Gattungen ausformen zu können -, wären also alle Protonen, Neutronen und Elektronenauch in diesem Meeting nicht auch noch auf die seltsame Idee gekommen, dass solche Art und Weise entstandenen Gattungen – gemeint ist jedes Exemplar der diversen Gattungen -,  möglicherweise nach seiner Entstehung – so es nicht als Speise für eine andere Gattung verwendet wurde – wieder in seine Bestandteile zerfallen könnte, womit Schluss mit lustig wäre für dieses nicht verspeiste Exemplar, was ja auch für die verspeisten Exemplare sichtbar gelte.“

(c) Zen&Senf

Trúleysingi: „Was soll dieser Unfug?“

Sameind: „Nun, bekanntlich gab es an jenem Zeitpunkt, an welchem die gesamte Materie des Universums sich an einem einzigen Punkt zusammenfanden…“

Trúleysingi: „… als am Urknall …“

Sameind: „… eine Übereinkunft aller Atome …“

Trúleysingi: … gesetzt den Fall, die Materie bestand damals bereits in der Form von Protonen, Neutronen und Elektronen …“

Sameind: „… eine Übereinkunft dahingehend, ….“

Trúleysingi: „… was Einstimmigkeit voraussetze, denn im anderen Falle wäre es keine Übereinkunft …“

Sameind: „… dass angesichts dieser Aussicht auf eine Zukunft -welche ja durchaus möglich wäre, sollten sich die Protonen, Neutronen und Elektronen zu Molekülen zusammenschließen, welche in Folge in der Lage wären, diverse Gattungen ausformen zu können –, dies ja nur von kurzer Dauer wäre, abhängig davon, wie lange die zukünftig zu erzeugenden Exemplare der Gattungen wieder in ihre Bestandteile zerfielen.“

Trúleysingi: „Worauf willst du hinaus, Tröll Dummkopf?“

Sameind: „Nun, es  dürfte bei dem  Meeting, an welchem alle Atome  des Universums zusammen kamen, folglich den Protonen, Neutronen und Elektronen vermutlich klar geworden sein, dass spätestens in dem Augenblick, in welchem alle nicht verspeisten Exemplare diesen Punkt erreicht hätten, dieser Zirkus damit auch für alle Zeiten vorbei wäre. Oder etwa nicht?“

Trúleysingi: „Ich verstehe immer noch Bahnhof.“

Sameind: „Sicherlich, es bleibt weiterhin unbekannt, welches Proton, Neutron oder Elektron zuerst die Idee hatte, dass der Beschluss,  die einzelnen Exemplare an Protonen, Neutronen und Elektronen sollten sich zu Molekülen zusammenschließen, welche in der Lage wären, Exemplare zu diversen Gattungen herzustellen,  die anderen Gattungen als Nahrung dienen, nur dazu führen würde, dass der Spuk nach absehbarer Zeit zu Ende wäre. Denn in Zeit gemessen, bestünde ja die Möglichkeit, dass der Zusammenschluss diverser Moleküle zu einem Exemplar einer Gattung nicht ewig dauern könnte, womit alles zu Ende, ob nun als Nahrung herangezogen oder nicht. Möglicherweise hatten sogar alle Protonen, Neutronen und Elektronen gemeinsam als Kollektiv diese Vermutung.“ 

Trúleysingi: „Du meinst, die Menge aller Protonen, Neutronen oder Elektronen des Universums müssten bei dem Zusammentreffen im Urknall …“

Sameind: „… auch noch eine Regelung dahingehend einstimmig vereinbart haben, dass es nicht genügen würde, täten sich die Moleküle zu Beginn ihrer Evolution zu Exemplaren der einzelnen Gattungen zusammen, da bei einem solchen Beschluss ein immerhin mögliches Ende der einzelnen Exemplare nicht einbezogen wurde, es daher erforderlich wäre, den einzelnen  Molekülen, welche gedenken, sich zu einem Exemplar einer Gattung zusammenzufinden, dass diese schon von vornherein soweit Intelligenz haben müssten, dass auch noch zwei Arten der Gattung auszubilden wären, sowie einen Vorgang dergestalt, der zu dem Ergebnis führe, dass aus beiden ein neues Exemplar entstünde, bevor die beiden den Löffel abgeben.“      

Trúleysingi: „Eine Eigenschaft, über welche alles Lebende verfügt, also alle Pflanzen, Tiere und Menschen. Ziemlich viel Holz für Protonen, Neutronen und Elektronen, meinst du nicht?“

Sameind: „Wieso ich? Ich setze nur um, was du für Zufall und Intelligenz ausgibst. Ich hatte auf meiner Reise Kinder einen interessanten Reim  singen gehört. Magst du mit mir gemeinsam den Reim singen?“

Trúleysingi fasste Sameind bei der Hand und beide tanzten einen Reigen um den Stein:

Wieso, weshalb, warum
wer nicht fragt, bleibt dumm.
.“

Herzlichen Dank!

Ich möchte mich ausdrücklich bei dem Pharmaunternehmen Kerecis in Ísafjörður bedanken. Mein Freund, Dr. Roget in Frankreich und ich nahmen 2 Jahre an dem Test des Nasensprays Viruxal in-vivo teil, dessen Produktion Ende 2022 eingestellt wurde. Alle unsere Familienmitglieder erkrankten an Covid-19, trotz mehrfacher Impfung, nur Dr. Roget und ich selbst blieben verschont.