Um die Mittagsstunde herum zählten die Trolle Javnvægi und Javnvægistruflun oberhalb von Furufjörður auf Hornstrandir die Regentropfen.
Jafnvægi: „Lass uns das Spiel der Wesen spielen. Auf welches Spiel hättest du heute Lust?“
Jafnvægistruflun: „Das Spiel der Aufregung.“
Jafnvægi: „Gut. Wir brauchen demnach 88 schwarze Obsidiane, 4 rote Jaspis und 2 weiße Liparit. Die Basaltbrocken holen wir uns dann später auf den Stein.“
Jafnvægistruflun formte auf dem Stein das Schachbrett der Aufregung aus feinem Lavasand, die 92 Spielfelder, bestehend aus 23 Reihen mit je 4 Feldern. Jafnvægi legte die 88 Obsidiane in die ersten 22 Reihen, in die letzte Reihe legte er 3 rote Jaspis und einen Liparit. Den restlichen Jaspis und den Liparit nahm er an sich.
Jafnvægi: „So, jetzt kann das Spiel funktionieren. Die linke Hälfte auf dem Spielbrett nenne ich Kona und die rechte Hälfte Karlmenn, und beide zusammen sind das Spielfeld, das ich Manneskja nenne. Aber erst der minimale Unterschied dort ermöglicht das Spiel.“
Jafnvægistruflun: „Das wird schiefgehen. du weißt doch, es ist die Natur von Steinen, immer nur auf den Unterschied zu schielen, den eigenen deswegen stets für besser zu halten, und schon ist das Malheur passiert. Das kann daher nur schiefgehen.“
Jafnvægi: „ Sei‘s drum. Mit welchem der Spiele willst du anfangen, mit dem Spiel der Spielbretter oder mit dem Spiel von dessen Hälften?“
Jafnvægistruflun: „Mit dem Spiel der Hälften.“
Jafnvægi: „Du kennst die Spielregeln. Jedes Mal, wenn in der letzten Reihe von Kona zwei Jaspis liegen, und daneben bei Karlmenn ein Jaspis und ein Liparit, so wie von mir aufgestellt, darf ich einen Stein, entweder den Jaspis, oder den Liparit von der rechten auf die linke Seite legen, und für den Fall, auf der linken Seite befände sich dann ein Liparit, diesen für mich behalten, im anderen Fall bekomme ich einen von den zwei vorherigen Jaspis der linken Seite. Aber als Ausgleich dafür muss ich immer den fehlenden Stein auf der rechten Seite aus meinem Guthaben ersetzen.“
„Ich weiß“, antwortete Jafnvægistruflun: „ du willst die Spielregel erfüllen, dass sich die Steine vergnügen, wenn sonst schon alles so beschwerlich erscheint. Das Spiel dauert daher solange an, solange du zwei ungleiche Steine bei dir hast. Erhältst du auf diese Weise drei Steine, hast du gewonnen, und das Spiel ist zu Ende. Hast du aber zwei gleiche Steine, hast du ebenso gewonnen, magst aber nicht mehr spielen. Es ist das Spiel, bei dem du immer gewinnst, was mich auch so aufregt. Und bei jedem Spielzug legen wir einen der Basaltbrocken auf unseren Stein, der das Ergebnis darstellt. Keine Sorge, ich weiß Bescheid.“
Als die Mitternachtssonne den Basalthaufen auf dem Stein in silbernes Licht tauchte, wurde es Javnvægistruflun zu bunt, und er schüttelte Jafnvægi:: „Bist du blind und taub? Die rechte Seite ist mittlerweile der Meinung, sie sei der Herr und Gebieter auf dem Spielfeld, und die linke Seite ist schon längst zu der Ansicht gelangt, die rechte Seite denke immer nur an das Eine. Die fetzen sich doch nur noch, statt sich zu vergnügen!“
Jafnvægi: „Wenn sich beide Figuren aus dem gleichen Grund, also diesem einen einzigen winzigen Liparit, der nur den zweiundneunzigsten Teil ausmacht, in die Haare kriegen, ist das doch deren selbst geschaffenes Problem, also deren Eigenschaft, und keine Eigenschaft des Spiels. Weswegen schüttelst du dann aber mich? Was habe ich damit zu schaffen, wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt? Was mich betrifft, ich habe immer fair gespielt und kein einziges Mal geschummelt. Auch kam keiner dabei zu Schaden, im Gegenteil.“
Jafnvægi schob ungerührt einen Liparit von der rechten auf die linke Seite, nahm von dort einen Jaspis an sich, und ersetzte den fehlenden Stein auf der rechten Seite mit einem Liparit.
„Du hast den falschen Stein auf die rechte Seite gesetzt!“, schrie Jafnvægistruflun: „Du hast geschummelt, und die Spielregeln nicht eingehalten!“
Jafnvægi: „Die wollten das so. Ich hätte sie sonst um ihr Vergnügen gebracht, und das wäre, wie du weißt, gegen die Spielregeln gewesen. Wie du siehst, habe ich zwei gleiche Steine bei mir, das Spiel ist also regulär zu Ende. Ich habe demnach weder geschummelt, noch hab ich die Spielregeln verletzt.“
„So geht das nicht!, ereiferte sich Jafnvægistruflun: „Dann kannst du ja auch gleich einen Jaspis von der linken Seite auf die rechte Seite schieben, dort den Liparit an dich nehmen, und den fehlenden Stein auf der linken Seite mit einem Jaspis ersetzen!“
„Auch dann hätte ich zwei gleiche Steine bei mir, und auch dann wäre das Spiel regulär zu Ende. Wo siehst du das Problem?“, fragte Jafnvægi, und kletterte vom Stein: “Du weißt doch, wir können bei dem Spiel ohnehin nur gewinnen, wie auch die rechte und linke Hälfte. Was auch immer geschieht in dem Spiel, die haben ihr Vergnügen dabei, und wir auch.“
„Aber wozu hast du dann den einen einzigen winzigen Unterschied erst auf das Spielfeld gelegt!“, fuchtelte Jafnvægistruflun vom Stein herab: „Das kann doch nicht ungesühnt bleiben, dass die Hälften darauf pfeifen. Das ist doch eine Respektlosigkeit ohnegleichen!“
Jafnvægi winkte Jafnvægistruflun auf dem Stein zu sich: „Nun reg dich doch nicht so auf, und komm schon vom Stein herunter, es bleibt dir ja auch nichts anderes übrig, wie du weißt. Es ist auch schon spät, und ich habe keine Lust mehr, weiterzuspielen, außerdem nervt mich langsam, dass du so gut Deinen Part spielst. Was heißt hier schon Respektlosigkeit. Schon vergessen, wer das Spielfeld mit dem einen einzigen winzigen Unterschied aufgebaut hat, und damit erst die Möglichkeit bereitstellte, das Spiel auch auf diese Weise zu beenden? Zu deren, wie zu meinem Vergnügen? Und vergiss nicht die Eigenschaft von allen Spielen: wenn das Match zu Ende ist, wen gibt es dann nicht mehr? Die Rolle der Figuren auf dem Spielfeld, das Spiel als solches, oder dessen Regel?“
„Die Figuren“, kicherte Jafnvægistruflun, fegte Obsidiane, Jaspis und Lipari mit einem Wisch vom Stein, und folgte Jafnvægi: „Jetzt sind es nur noch irgendwelche Steine, nichts ist kaputt gegangen dabei, und jeder kam auf seine Kosten. Es ist schon so, dass nur diese Wesen glauben, der Schwanz könne auch mit dem Hund wedeln. Hast du den Berg aus Basaltbrocken auf unserem Stein gesehen?“
„Das kommt noch oben drauf“, lachte Jafnvægi: „So hat es auch sein Gutes, wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt. Wir hätten vielleicht sonst nur noch unter dem Stein Platz gefunden.“
Jafnvægi und Jafnvægistruflun tanzten um den Stein und sangen:
(17) „Der Trottel gafft,
wenn er zum Fest kommt
spricht unaufhörlich und brüllt.
Wenn er alsbald
sein Schlückchen getrunken hat,
offenbart er, welches Sinnes er ist.“