Nicht unweit von Hvanngil tanzten drei Trolle, Durgur, Bófi und Barefli um einen Stein und spielten ihr Lieblingsspiel, das Spiel der Wesen.
Um den Stein tanzend, sangen Durgur, Bófi und Barefli ihren Refrain im Chor:
„Oh wie gut,
dass wir nicht sind,
stets würden wir
das Streichholz ziehn
das kürzer wär.“
Barefli: „Welche Klage führst du?“
Durgur: „Jeder kann bezeugen, ich war stets redlich. Ich bin nun in das Alter gekommen, meine materiellen Angelegenheiten abschließend zu regeln, und deswegen stehe ich hier. Dieses Wesen sagt mir, dass mir aus meinem Tod eine Schuld in Geld entsteht. Ich müsse Miete für meine tote Hülle bezahlen. Er ist ein Leichenfledderer, und ich beschuldige ihn daher des Diebstahls.“
Bófi: „Uns entstehen Kosten durch seinen Tod. Sein Körper braucht einen Platz, der Friedhof muss gepflegt werden, wir als Gemeinde verlieren wertvollsten Baugrund, er nimmt anderen auch noch den Platz weg. Ich handle nur nach Gesetz. Wenn jemand Müll auf die Mülldeponie wirft, muss er auch dafür zahlen. Er ist nur ein Sláni, weiter nichts.“
Barefli: „Wie können Sie, Durgur, wegen so einer Bagatelle uns hier die Zeit stehlen. Ich verstehe auch nicht. Der Beklagte handelt doch nur nach Recht und Gesetz. Er ist ein Leibeigener des Gesetzes von Rechts wegen. Sie verklagen damit nicht ihn, sondern das Gesetz. Ich muss daher die Klage abweisen, da der vorliegende Fall nicht bei der beklagten Partei liegt.“
Durgur: „Er ist Vollstrecker. Mein Tod ist ein mir zustehendes grundlegendes Recht, und hat als solches auch zu gelten. Wie kann es sein, dass aus der Tatsache, dass ich mein Naturrecht für mich in Anspruch nehme, mir daraus nicht unerhebliche Schulden erstehen.“
Barefli: „Nun, ich bin auch Vollstrecker des Worts, und ein Leibeigener des Gesetzes von Rechts wegen. Außerdem müssen Sie die Schulden ja nicht begleichen. Ihre Angehörigen werden Ihre Schuld begleichen.“
Durgur: „Durch mein Naturrecht, zu sterben, bezahle ich den gerechten Preis meiner Geburt. Die Schuld ist also getilgt. Meine Schulden an den Staat dafür, dass ich hier überleben durfte, sind auch allesamt bezahlt, wie auch alles, was ich anderen noch schuldig war. Und Sie wissen, dass meine Geldschulden, die durch meinen Tod erst durch Gesetz entstehen, nicht aber von Rechts wegen, also aus der Tatsache heraus, gestorben zu sein, solcherart Geldschulden von meinen Angehörigen abverlangt werden, in schamlosester Ausnutzung derer Pietät. Obschon nicht deren Schuld, denn erst deren Schuld durch Gesetz, und da jenen Bezahlung von Schulden Pflicht, somit auch keine Befreiung möglich, diese die Schulden begleichen, die nicht die ihren sind.“
Barefli: „So ist es. Allerdings leidet Ihre Klage an einem weiteren Mangel. Unser Recht verlangt, dass erst die beanstandete Tat begangen worden, also vollzogen sein muss, bevor man dagegen Klage erheben darf. Das ist ein unumstößlicher Rechtsgrundsatz. Das ist aber, wie Sie an sich selbst sehen, in Ihrem Fall nicht gegeben. Das heißt, es liegt auch kein Klagegegenstand vor. Ich muss daher nach Recht und Gesetz Ihre Klage abweisen.“
Durgur: „Ich kann demnach vor Ihnen Klage erst dann einreichen, wenn ich tot bin?“
Barefli: „So ist es. Laut Recht und Gesetz ist das dann aber auch nicht möglich, da dann zwar der Klagegegenstand vorläge, aber kein Kläger mehr vorhanden, und da laut Recht und Gesetz postum keiner Klage einreichen darf, würde auch diese Klage, dann mangels Kläger, abgewiesen. Ein Staatsanwalt könnte dann an Ihrer Stelle Klage erheben, aber dafür benötigte er erst einmal ein Gesetz. Sie müssen sich folglich an den Gesetzgeber wenden.“
Durgur: „Aber bis eine ausreichende Anzahl an Gesetzgebern in das Parlament gewählt wird, die davon überzeugt sind, dass Tote keine Miete für die Tatsache ihres Todes zu bezahlen haben, vergehen Jahrzehnte. Wenn man auch noch bedenkt, dass das Parlament der Gemeinde selbst die durch einen Tod fällige Miete eines Toten einstreicht, die der Angestellte dieses Parlaments, jener Beklagte hier, eintreibt, und wenn man bedenkt, dass Sie selbst, ehrenwerter Richter, in diesem Parlament eine Führungsrolle innehaben, und daher auch Interesse daran haben, dass das Parlament die durch einen Tod fällige Miete eines Toten einstreicht, werde ich bis dahin längst gestorben und vermodert sein.“
Barefli: „So leid mir das auch tut, da haben Sie halt Pech gehabt. Das gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Wir alle haben uns an Recht und Gesetz zu halten. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir davon abweichen würden. Sie können Ihre Klage ja dort Ihrem Richter vortragen.
Bitte, erheben Sie sich. – Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Die Klage wird abgewiesen … die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.“
Durgur: „Die Wesen sagen ‚Recht und Ordnung‘, handeln nach ‚Ordnung statt Recht‘ …“
Barefli: „… so wurde Ordnung zu Unrecht, Naturrecht …“
Bófi: „… zu Menschenrecht, Demokratie …“
Durgur, Bófi und Barefli: „ … zur Diktatur der Masse, und Leben zu Spiel mit zu kurzen Stäbchen.“
„Satt und gewaschen
reite der Mensch zur Versammlung,
wähnt sich unbekleidet.
Schuhe und Hose
tadelt keinen Mensch,
auch nicht ein Pferd
wenngleich er kein gutes hat.“
(Hávamál, Vers 61)